KOMM - ein Informationssystem für Menschen mit Behinderungen

26.11.1997

Erster Baustein des Projekts mit Informationen für Mobilitätsbeeinträchtigte geht online

(SMS) Als erste Stadt Deutschlands geht Münster mit einem interaktiven Stadtplan für Menschen mit Behinderungen an die Öffentlichkeit. Dieser neue Dienst ist der erste Baustein des Projekts KOMM (Kommunikations- und Orientierungshilfen für Menschen mit Behinderungen in Münster) unter Leitung der städtisch verwalteten Stiftung Siverdes und des Instituts für Geographie der Westfälischen Wilhelms-Universität. KOMM will Menschen mit Behinderungen lokale Informationen zur Bewältigung alltäglicher Planungs-, Organisations- und Orientierungsprobleme bieten. Eingebunden im publikom - Stadtnetz für Münster, ist KOMM unter der Adresse "www.muenster.de/KOMM/" abrufbar. "KOMM ist ein weiteres Indiz dafür, daß Münster die Ziele der Deklaration von Barcelona 'Die Stadt und ihre Behinderten' konsequent umsetzt", so Oberbürgermeisterin Marion Tüns beim offiziellen Start des neuen Projekts im Internet.

"Behindert ist man nicht. Behindert wird man", griff Tüns einen Slogan der aktuellen Kampagne "Aktion Grundgesetz" auf. Es komme darauf an, die Barrieren im Kopf abzubauen und so allen Menschen ein barrierefreies Leben zu ermöglichen. Dazu gehöre nicht nur die behindertengerechte Gestaltung der Umwelt, sondern auch die entsprechende Information über Zugänglichkeit von Gebäuden und Einrichtungen aller Art. Ziel des Projekts ist es, vorhandene und neue Informationen vor allem digital für das Internet aufzubereiten, so daß sie vom Computer zuhause oder vom öffentlichen Terminal aus abrufbar sind. Projektpartner sind - neben der Stadt Münster - die Firma pro_Plant für die technische Realisierung und die Citykom Münster GmbH für das Bereithalten der Daten im Internet. Schwerpunkt des ersten Bausteins sind Hilfen für Mobilitätsbeeinträchtigte - dazu zählen Rollstuhlfahrer genauso wie Eltern mit Kinderwagen oder auch Unfallpatienten mit Gipsbein. Nach und nach erhalten die Nutzenden Informationen mit vielen Details für den Besuch öffentlicher oder gastronomischer Einrichtungen, über Kultur- und Freizeitangebote, Beratungsstellen und Versorgungseinrichtungen für Behinderte, öffentliche Toiletten etc.. Kaufhäuser, der Einzelhandel, aber auch Ärzte sollen aufgeführt werden, wenn sie z.B. über einen rollstuhlgerechten Eingang erreichbar sind oder andere Hilfen für Menschen mit Behinderungen anbieten. Ein ausgeklügeltes Navigationssystem soll schließlich helfen, mit dem Rollstuhl schnell von A nach B zu kommen: Nach Eingabe des aktuellen Standortes und des Zieles in der Innenstadt soll das System den günstigsten Weg aufzeigen und auf Hindernisse und Besonderheiten hinweisen.

Die für das Projekt nötigen Basisinformationen liegen bislang für die Innenstadt und die Stadtteile Gievenbeck und Mauritz vor, sollen aber bis zum Projektende im Dezember 1998 auch auf andere Stadtteile erweitert werden. KOMM versteht sich allerdings nicht als reiner Informationsdienst: "Wir wollen hier auch eine Art Diskussionsplattform einrichten, auf der Aktuelles (z.B. Zugänglichkeit von Kinos) diskutiert werden kann", kündigt Projektbetreuer Peter Neumann an. „Alle Interessierten haben zudem die Möglichkeit, in Mailinglisten und Newsgruppen eigene Ideen und Anregungen zu äußern und aktiv am Projekt mitzuwirken." Gedacht ist ferner daran, für Sehbehinderte das System mit einer Sprachausgabe auszustatten.

Das Institut für Geographie arbeitet bereits seit 1993 im Projekt "Stadtplanung für Menschen mit Behinderungen in Münster" mit der Stadt zusammen, die mit einem gedruckten Stadtplan für Behinderte erstmalig derartige lokale Informationen gebündelt zur Verfügung gestellt hat. Viele der aktuellen KOMM-Informationen zur Gastronomie hat die Stadtwerbung und Touristik Münster jetzt in ihre neue Broschüre "Gastronomietips für Münster" aufgenommen. Für den zweiten Projektträger, die rechtlich selbständige und städtisch verwaltete Stiftung Siverdes, war die gesamtgesellschaftliche Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen Ausgangspunkt für ihr Engagement. Im Vordergrund stehen dabei nicht die wirtschaftlichen Verhältnisse des Adressatenkreises, sondern das Bedürfnis, sich durch gezielte Alltagsinformationen die Bewältigung schwieriger Lebenssituationen zu erleichtern. Das münstersche Projekt ist - das entsprechende Datenmaterial vorausgesetzt - auf jede andere Stadt übertragbar. Die Partnerstädte York und Orléans haben bereits ihr Interesse signalisiert.

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