Lepramuseum zeigt einen anderen Aspekt des 30jährigen Krieges

23.01.1998

Ausstellung „Kinderhaus 1648, das Leprosenhaus der Stadt Münster in Krieg und Frieden“ im Lepramuseum Kinderhaus

(SMS) 336 Jahre lang, von 1333 bis 1661, war Kinderhaus ein Leprosorium. Hier lebten an der Seuche erkrankte Männer und Frauen aus der Stadt Münster, zuweilen wurden „vagierende“ (umherstreifende) Leprose aufgenommen. Am Sonntag, 25. Januar, dem Weltlepratag, eröffnet die Deutsche Gesellschaft für Leprakunde im Lepramuseum Kinderhaus, die Ausstellung „Kinderhaus 1648, das Leprosenhaus der Stadt Münster in Krieg und Frieden“ einen anderen Blick auf die Stadt und die Zeit des Westfälischen Friedens. Bis zum 28. Juni wird die Ausstellung jeden Sonntag von 15 bis 17 Uhr zu sehen sein.

Die Quellen, aus denen der Historiker Dr. Ralf Klötzer die Austellung konzipiert hat, stellte überwiegend das Stadtarchiv zur Verfügung. Auf sechs Tafeln sind 96 Ausstellungselemente zu einem Rundgang zusammengestellt, die einen Einblick in die Geschichte des Leprosoriums geben. Besonders für das 17 Jahrhundert, das Jahrhundert des 30jährigen Krieges, ist das Material so gut, daß es Einblicke in das Leben der Bewohner gestattet und auch ein Licht auf das Leben in der nahen Stadt wirft.

Für die Jahre von 1615 bis 1676 konnte Dr. Klötzer eine vollständige Liste der Bewohner des Leprosoriums aufstellen. 13 Männer und zehn Frauen lebten hier in diesem Zeitraum - die meisten von ihnen bis zu ihrem Tod - unter der geistlichen Obhut eines Pastors und eines Küsters, der gleichzeitig Pächter der Landwirtschaft war.

Die Urkunden, Rechnungen, Inventare und Rechtsakte der Ausstellung geben auch Eindrücke von einer unbekannten oder wenig beachteten Wirklichkeit des 30jährigen Krieges: Das Leprosorium wurde gut bewirtschaftet und war durchaus wohlhabend. 1636 wurden die Leprosen für mehrere Wochen von kaiserlichen Soldaten vertrieben. Als sie abrückten, hinterließen die Soldaten ziemliche Verwüstungen - sogar das Glockenseil des Kirchturms hatten sie mitgenommen. Die Ratsherren der Stadt ließen sich zu ihrer alljährlichen Inspektion in diesem Jahr von 14 Stadtsoldaten eskortieren.

Im Laufe des 17. Jahrhunderts nahmen die Lepraerkrankungen in der Region ab, und nach der Unterwerfung Münsters durch Christoph Bernhard von Galen wurde das Haus 1661 in ein Werkhaus für erwerbslose Jugendliche umgewandelt. Einige Jahre später entstand dort ein Armenhaus. Neben den Hauptthemen, der Kinderhauser Lebensgemeinschaft und dem 30jährigen Krieg, thematisiert die Ausstellung die Kriegsfolgen und die Verwaltung des Leprosoriums durch den Rat der Stadt Münster.

Die ganze Informationsfülle der Ausstellung, von der Abbildung des Kinderhauser Siegels bis zu den Aktenvermerken über Rechtsbrüche, ist in einen Katalog (14 Mark) eingegangen. Sonntags werden im Lepramuseum, Kinderhaus 15, Führungen angeboten, weitere Termine für Ausstellungsbesuche können mit Dr. Ivo Just von der Gesellschaft für Leprakunde, Telefon 28 510, vereinbart werden.

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