Konsens statt Zoff in der Ideenschmiede
In fünf Untergruppen wurden Münsters Zukunftsperspektiven als Stadt, für die Stadtteile und für die Bürgerinnen und Bürger persönlich sowie in regionaler und globaler Hinsicht beleuchtet. So wurde zum Beispiel angeregt, die angestrebte Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes in der Stadt mit einer Meßtafel zu veranschaulichen, ein regionales Produktmanagement einzuführen und umweltfreundlichen Tourismus in Münster und z. B. in einer Partnerregion in Ostdeutschland zu fördern. Die Bürgerinnen und Bürger nahmen dazu während der anschließenden Debatte in der Bürgerstunde Stellung.
Die Ideen, die in den Arbeitskreisen und Diskussionsrunden entwickelt werden, bilden die Grundlage für die Lokale Agenda 21, die der Rat der Stadt im Jahr 1999 verabschieden wird. In ihr werden Leitlinien für Münster in der Welt von morgen festgelegt. Möglichst viele verschiedene gesellschaftliche Positionen sollen sich hierbei einbringen. In den Facharbeitskreisen diskutieren Vertreter der Verwaltung, der Ratsfraktionen, des Umweltforums und des Eine-Welt-Forums. Neben Institutionen wie Hochschulen, Industrie- und Handelskammer und Handwerkskammer schicken auch Frauen-, Jugend- und Ausländerinitiativen ihre Vertreter. Eine Mischung, die gewöhnlich für einigen Zündstoff sorgt.
Dennoch bleibt die Diskussion im Facharbeitskreis ruhig: keine politischen Grundsatzdebatten, keine scharfen Attacken - keiner, der als Institutionenvertreter vehement seine Rolle verteidigen müßte. Statt dessen konstruktive Vorschläge und tolerantes Zuhören. Anne Peters, Leiterin des städtischen Agenda-Büros, erläutert das Konzept: "Agenda steht für Konsens. Es geht hier nicht um einen Schlagabtausch mit Argumenten, sondern darum, einen gemeinsamen Nenner zu suchen. Mehrheitsabstimmungen wird es hier nicht geben. Ziel ist, daß alle Diskutierenden sagen: ‘Im Prinzip kann ich mit dem Vorschlag leben’."
Zwar halten sich alle an diese Spielregeln, doch fällt es manchem Teilnehmer schwer, sich von der liebgewonnenen Argumentationskultur zu lösen: „Es wurde mir zu wenig gestritten“, so die leise Kritik eines Teilnehmers bei der Sitzung des vierten Facharbeitskreises. Doch der Erfolg der Methode steht für Anne Peters fest: "Auf diese Weise haben auch Ideen eine Chance, die sonst allzu schnell abgetan werden." Auch die Ergebnisse sprechen für das praktizierte Konzept: In nur zwei Stunden entsteht eine Fülle von Vorschlägen. Erst ab der nächsten, der dritten Sitzung wird Kritik zugelassen und ist sogar gefordert. Dann wird gefragt: "Welche Hindernisse stehen unserern Ideen im Weg?"