Mietwucher: 138 000 DM Bußgeld

27.02.1998

Eigentümerin kassierte für einzelzimmerweise Vermietung von Wohnungen doppelt bis dreimal soviel wie erlaubt

(SMS) Mit Bußgeldbescheiden von insgesamt 138 000 DM ahndet das Wohnungsamt der Stadt Münster einen besonders krassen Fall von Mietwucher. Zugleich verlangt sie von der Hauseigentümerin, an sieben Mieterinnen und Mieter insgesamt 25 000 DM zurückzuzahlen. Die Betroffenen - sämtlich Singles - wurden für ihre Zimmer im Südviertel teilweise mit dem doppelten bis dreifachen Betrag der ortsüblichen Vergleichsmiete zur Kasse gebeten.

Das Strickmuster war in allen Fällen gleich: In dem Anfang des Jahrhunderts errichteten Haus wurden die ehemals preiswerten, auch für Familien erschwinglichen 4-Zimmer-Wohnungen als teure Einzelzimmer vermietet. Dabei mußten sogar die Küchen dran glauben. Sie brachten für jede der vier Wohnungen noch ein zusätzliches, separat vermietetes Zimmer.

Wo der Mietspiegel in den vergangenen Jahren etwa 6,50 DM bis 10 DM pro Quadratmeter zugelassen hätte, erreichte die Kaltmiete Spitzenwerte von bis zu 24 DM. Sozial- und Wohnungsdezernentin Helga Bickeböller: "Ein eklatanter Verstoß gegen das Wirtschaftsstrafgesetz." Wenn das durchginge, so die Befürchtung der städtischen Beigeordneten, könnten sich andere Vermieter zu Recht fragen, warum sie den Mietspiegel nicht ebenfalls durch einzelzimmerweise Vermietung von Wohnungen umgehen sollten. Folge: Preiswerter Wohnraum für Familien mit Kindern würde noch knapper.

Die Bußgeldbescheide richten sich gegen die Hauseigentümerin und ihren Wohnungsverwalter. Die Eigentümerin muß laut Wirtschaftsstrafgesetz bezahlen, weil sie die überhöhten Mieten angenommen hat. Der Verwalter haftet, weil er die Wuchermieten vorsätzlich gefordert hat. Soweit in den Mietverträgen die ortsübliche Vergleichsmiete um mehr als 20 Prozent überschritten wird, sind sie "teilnichtig", und der "Mehrerlös" von insgesamt 25 000 DM muß rückerstattet werden.

Das Wohnungsamt wendet sich mit den Bußgeldbescheiden ausdrücklich gegen die Praxis von Zuschlägen bei der Vermietung von Einzelzimmern. "Zuschläge sind nur für konkrete Gegenleistungen des Vermieters erlaubt, etwa bei Zimmern mit besonderer Ausstattung oder Möblierung", erläutert Amtsleiter Herbert Loffeld.

Er macht folgende Vergleichsrechnung auf: Wer eine 90-Quadratmeter-Wohnung zimmerweise mit einem Zuschlag von 3 DM pro Quadratmeter vermietet, kassiert monatlich zusätzlich 270 DM. Um nach dem Miethöhegesetz den gleichen zusätzlichen Betrag auf Grund einer Erhöhung des Wohnwertes verlangen zu dürfen, muß ein Vermieter fast 30 000 DM in die Modernisierung der Wohnung investieren.

Modernisierungsbedingte Mieterhöhungen sind für das fragliche Gebäude allerdings kein Thema. Jahrelang ließ sich die Haustür nicht schließen, so daß die Winterkälte ungehindert durchs Treppenhaus bis in die Wohnungen ziehen konnte. Weitere Details von Besichtigungen: defektes Licht im Treppenhaus, Briefkästen schließen nicht, es zieht durch die bald ein Jahrhundet alten Fenster, Kochgelegenheit im Flur ohne Wasser- und Abwasseranschluß.

Wer sich auf die Gemeinschaftstoilette setzt, muß mangels ausreichendem Platz die Beine unter ein Waschbecken zwängen. Immerhin für Lüftung ist gesorgt: Die Toilettentür zum Flur schließt nicht ...

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