Zeugnis für fünf Jahrhunderte Stadtgeschichte

07.05.1998

Führungen durch den Zwinger lassen Vergangenheit lebendig werden / Rundgänge auch für Schulklassen

(SMS) Eiserne Gitter und Kerkerringe erinnern an die dunkle Vergangenheit des Zwingers als Stätte von Gewalt. Verblassende Farbmalereien an Wänden hingegen sind Zeugnisse des Zwingers als Arbeitsort eines Künstlers. Noch heute lassen sich an dem mittelalterlichen Bauwerk an der Promenade die unterschiedlichsten Stationen seiner langen Geschichte ablesen - von den Schießscharten um 1528 bis zur Skulpturenausstellung im letzten Jahr. Das Stadtmuseum Münster bietet neuerdings jeden Sonntag und nach Absprachen Führungen durch das Baudenkmal an. Die Rundgänge - sie sind offen für alle an Geschichte und Kunst Interessierte - richten sich besonders auch an Schulgruppen. Eine gute Stunde dauert der Rundgang, der Stadtgeschichte lebendig macht. Vom Museum an der Salzstraße - hier stimmt eine Tondiashow ein - führt der Weg über die Promenade - einst nahezu unbezwingbarer Befestigungswall - zum Zwinger. „Jede Nutzung im Laufe der Jahrhunderte hat im Gebäude Spuren hinterlassen“, so Dr. Axel Schollmeier vom Stadtmuseum, „und um diese wechselvolle Geschichte geht es bei unseren Führungen“. Da sind die Gefängniszellen, die im frühen 18. Jahrhundert vom Barockbaumeister Schlaun geplant wurden. Friedrich Liel, der Mitbegründer der Künstlergemeinschaft „Schanze“ hinterließ seine Farbspuren an den Wänden - von 1919 bis 1930 lebte und arbeitete er in dem Gebäude. Ablesbar an Steinen, Ziegeln und Stahlbetondecken sind auch die Restaurierungen der Nachkriegszeit. Inschriften halten den Zwinger als Hitlerjugendheim (1938-1943) im Gedächtnis, und eiserne Gitter sind stumme Zeugen für Folter und Hinrichtungen durch die Gestapo (1944/45). An die Opfer von Gewalt und Verfolgung Unschuldiger erinnert die Installation „Das gegenläufige Konzert“ von Rebecca Horn, die bei diesen Rundgängen im Mittelpunkt steht. Es bleibt ausreichend Zeit, die Klanginstallation der Künstlerin in Stille und Dunkelheit auf sich wirken zu lassen. „Der Rundgang ist besonders eindrucksvoll mit kleineren Gruppen“, betont Dr. Bernd Thier vom Museumsteam. Ideal sei eine Gruppenstärke von acht bis 15 Personen. Geeignet sind die Führungen für alle weiterführenden Schulen. In Ausnahmen - bei guter Vorbereitung - auch schon einmal für vierte Klassen einer Grundschule. Führungen sind täglich außer montags in der Zeit von 10 bis 16 Uhr möglich und sollten eine Woche vorher angemeldet werden (Tel. 02 51 - 492 45 03). Darüber hinaus startet für Kurzentschlossene jeden Sonntag um 11 im Stadtmuseum eine Regelführung, für die keine Voranmeldung erforderlich ist. Wer sich Zwinger und Installation auf eigene Faust ansehen möchte, kann das ab Juni sonntags in der Zeit von 12 bis 16 Uhr tun.

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