Münster (SMS) Der Bürgermeister der israelischen Partnerstadt Rishon LeZion, Raz Kinstlich, hat sich für die Solidarität aus Münster bedankt. In einer Videobotschaft zu Beginn der Ratssitzung am Mittwoch (8.11.) sagte Kinstlich: „Rishon LeZion ist dankbar für Münsters Unterstützung in diesen herausfordernden Zeiten.“ In harten Zeiten zeige sich wahre Freundschaft - so laute ein Sprichwort in Israel. „Münster und Rishon LeZion sind Freunde“, sagte Kinstlich.
Israel habe „ein traumatisches Ereignis und eine Katastrophe beispiellosen Ausmaßes“ erlebt und erlebe dies auch heute noch, so Kinstlich. In eindringlichen Worten beschrieb Kinstlich die Lage in Münsters Partnerstadt: „Seit nunmehr einem Monat werden jeden Tag, manchmal zwei-, drei-, fünf- und sogar achtmal am Tag, Raketen auf die Menschen in unserer Stadt abgefeuert, mit dem Ziel, zu töten, zu zerstören, Schaden zuzufügen und den Alltag zu behindern.“
Oberbürgermeister Markus Lewe betonte die enge Verbundenheit beider Städte: „Mit Entsetzen haben wir vor einem Monat vom barbarischen Terrorangriff der Hamas erfahren, der der Vernichtung des Staates Israels und jüdischen Lebens galt und weiterhin andauert. Unsere Gedanken und unser Mitgefühl sind seitdem bei unseren Freundinnen und Freunden in Münsters Partnerstadt und allen Betroffenen. Die volle Solidarität der Stadt Münster gilt ebenso den Menschen jüdischen Glaubens, die weltweit, aber auch in Münster, zunehmenden Anfeindungen und antisemitischen Bedrohungen ausgesetzt sind.“
Anat Leibovych, Ratsfrau und Beauftragte Internationales aus Rishon LeZion, die per Video live zur Ratssitzung zugeschaltet wurde, berichtete im Gespräch mit dem Oberbürgermeister über die Lage in der israelischen Stadt. Als die Hamas Israel brutal angriff, schlugen Hamas-Raketen auch in Münsters etwa 70 Kilometer vom Gazastreifen entfernten Partnerstadt ein. Seit dem Terrorangriff der Hamas sind mehr als 50 Menschen aus Rishon LeZion ums Leben gekommen, darunter 30 junge Leute, die auf einem Musikfestival im Süden Israels ermordet wurden, berichtete Leibovych. 16 Bürgerinnen und Bürger aus Rishon LeZion entführte die Hamas von dem Musikfestival in den Gazastreifen. „Wir wissen nicht, wie es den Geiseln geht und was mit ihnen passiert”, sagte Leibovych.
In einer gemeinsamen Erklärung bekannte sich der Rat der Stadt Münster zum Existenzrecht Israels, zu seiner historischen Verantwortung aus dem Holocaust und einer demokratischen Erinnerungskultur. Dieses Bekenntnis schließe ausdrücklich den sekundären und israelbezogenen Antisemitismus mit ein.
Foto 1: Raz Kinstlich, Bürgermeister von Rishon LeZion, dankte der Partnerstadt Münster in einer Video-Botschaft für die Solidarität „in diesen herausfordernden Zeiten". Stadt Münster/Münsterview. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.
Foto 2: Anat Leibovych, Ratsfrau aus Rishon LeZion war per Video live zur Ratssitzung zugeschaltet. Sie berichtete über die Situation in der israelischen Stadt. Foto: Stadt Münster/Münsterview. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.
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Die Videobotschaft von Raz Kinstlich im Wortlaut:
„Sehr verehrter Herr Oberbürgermeister der Stadt Münster, Markus Lewe,
sehr geehrte Mitglieder des Stadtrats,
meine sehr verehrten Damen und Herren!
Zunächst möchte ich mich persönlich und im Namen der Mitglieder des Stadtrats sowie im Namen unserer 300.000 Einwohner von ganzem Herzen bei Ihnen, unseren langjährigen Freunden in Münster, unserer Partnerstadt, sowie bei Ihnen persönlich, Herr Oberbürgermeister Markus Lewe, bedanken. Dafür, dass Sie uns in dieser schwierigen Zeit zur Seite stehen.
Eine wahre Freundschaft wird in Krisenzeiten auf die Probe gestellt, und der Staat Israel hat ein traumatisches Ereignis und eine Katastrophe beispiellosen Ausmaßes erlebt und erlebt dies auch heute noch.
Am 7. Oktober um 6.30 Uhr drangen mordende Bestien in die Kibbuzim, Moschawim und Ortschaften im Grenzgebiet des Gaza-Streifens ein und leiteten eine abscheuliche und verbrecherische Mordaktion ein. Eltern wurden vor den Augen ihrer Kinder ermordet, Kinder und zarte Babys wurden verschleppt, Frauen, Männer und Kinder wurden in ihren Häusern verbrannt, ältere Menschen und Holocaust-Überlebende in Rollstühlen wurden auf brutale Weise in die Tunnel des Gaza-Streifens entführt.
1.400 Zivilisten und Soldaten bezahlten mit ihrem Leben. Es ist eine unvorstellbare Zahl, die schwer zu begreifen ist. Bis zu dieser Stunde werden über 240 unschuldige Zivilisten von der Hamas festgehalten, darunter Babys, Kleinkinder und ältere Menschen, von denen einige verwundet sind und eine medizinische Versorgung benötigen.
Der Morgen des 7. Oktober begann in Rishon LeZion mit einem Raketenbeschuss, der seitdem anhält. Seit nunmehr einem Monat werden jeden Tag, manchmal zwei-, drei-, fünf- und sogar achtmal am Tag, Raketen auf die Menschen in unserer Stadt abgefeuert, mit dem Ziel, zu töten, zu zerstören, Schaden zuzufügen und den Alltag zu behindern.
In den allermeisten Fällen konnte Iron Dome diese Raketen erfolgreich abfangen, doch leider kam es teilweise dazu, dass Häuser direkt getroffen wurden, dass Gebäude zerstört wurden und Autos in Flammen aufgingen. Wie durch ein Wunder endete es bisher mit Sachschäden und nicht mit Todesopfern.
Rishon LeZion wurde zu einer der Städte im Land, die am meisten unter dem Raketenbeschuss leidet. Unser Notfall-Stab ist gut darauf vorbereitet, an jeden Einschlagsort zu gelangen und sofortige Hilfe zu leisten. Unsere Bewohner sind leider bereits erfahren – sie wissen, wie man sich zu verhalten hat, befolgen die Richtlinien und begeben sich in Luftschutzbunker und Schutzräume, selbst wenn die Alarmsirene sie unter der Dusche, im Schulunterricht oder mitten auf der Straße erwischt.
Und glauben Sie mir, sich mitten auf einer Hauptstraße auf den Boden zu legen, die Hände an den Kopf zu pressen und das Echo der heftigen Explosionen von oben zu hören, ist keine angenehme Erfahrung – und ich frage mich, ob man auch nur in einem einzigen Land der Länder weltweit, die unsere entschlossene Operation kritisieren, um die Hamas zu zerstören, darauf vorbereitet wäre, wenn die eigenen Bürger jahrelang der Bedrohung durch Raketen ausgesetzt wären.
Der große Schmerz, den wir seit einem Monat verspüren, ist der Schmerz wegen der unwahrscheinlich hohen Zahl an Ermordeten und Getöteten, die Söhne und Töchter unserer Stadt waren. Wir haben wunderbare junge Frauen und Männer verloren, die voller Träume waren, die sich einfach nur amüsieren und auf einem Musikfestival tanzen wollten. Sie wurden kaltblütig ermordet. Wir haben Soldaten und Kämpfer verloren, die das Land verteidigen wollten und nicht zurückgekehrt sind.
Wir besuchen alle trauernden Familien. Keine Sprache verfügt über die Worte, die Trost spenden könnten, doch wir verfügen über eine ganze Reihe von Hilfsangeboten, um ihnen zu helfen. Wir unterstützen sie, nehmen sie in den Arm, helfen bei der Organisation der Schi’wa, der Trauerwoche, und kümmern uns um alles, was sie benötigen – auf allen Ebenen.
Der Lichtblick in der großen Dunkelheit, in die wir geraten sind, sind die Menschen von Rishon LeZion, die wie immer vom ersten Moment an Engagement und Solidarität zeigten und seitdem nicht nachgelassen haben, sich ehrenamtlich zu engagieren, einen Beitrag zu leisten und zu helfen:
Als wir beschlossen, in der Stadt eine Nachbarschaftswache einzurichten, um das Sicherheitsgefühl der Bewohner zu stärken, konnten wir innerhalb einer Woche 1.500 Freiwillige gewinnen, die 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche durch die Stadt patrouillieren.
Als wir eine Blutspendeaktion starteten, wurden innerhalb eines Tages mehr als 1.000 Blutspenden abgegeben.
Als wir eine Kampagne zum Sammeln von Ausrüstung und Lebensmitteln für IDF-Soldaten und Bewohner des Grenzgebiets des Gazastreifens starteten, die ihr Zuhause und ihr gesamtes Hab und Gut verloren hatten, konnten wir innerhalb weniger Tage mehr als 2.000 Kisten mit Produkten zusammenstellen.
Wir haben auch für Lösungen zur Unterbringung evakuierter Familien in unseren städtischen Studentenwohnheimen und in einem Hotel in der Stadt gesorgt und waren von der Resonanz äußerst berührt, als Hunderte von Familien in der Stadt darum baten, die Herzen und Häuser zu öffnen und die Menschen aus dem Süden aufzunehmen, die ihren Besitz zurücklassen mussten.
Auch heute steht Rishon Lezion immer noch unter Beschuss – und wir arbeiten an allen Fronten daran, die Sicherheit unserer Bewohner zu gewährleisten – angefangen vom Schutz der Kindergärten mit Kosten im Millionenbereich bis hin zur Rekrutierung Hunderter Soldaten, Polizisten und Sicherheitsleute für die Sicherheit der Bildungseinrichtungen, bis hin zur sozialen und psychologischen Versorgung für alle, die diese benötigen.
Und inmitten all dieser Notfallmaßnahmen setzen wir unsere Hoffnung in die IDF-Soldaten, die in Gaza daran arbeiten, die mörderische und verbrecherische Terrororganisation zu eliminieren – die nicht nur uns, sondern die ganze Welt bedroht – und beten darum, dass sie wohlbehalten nach Hause zurückkehren und auch alle Geiseln gesund und wohlbehalten zurückkehren mögen.
Markus, mein lieber Freund, nach Ausbruch des Krieges erhielt ich einen rührenden Anruf von dir. Du hast gefragt, ob wir Hilfe benötigen und was du für uns tun könntest. Seit 50 Jahren pflegen wir eine enge Verbindung zwischen unseren Partnerstädten mit Jugenddelegationen, die kulturelle und zwischenmenschliche Beziehungen pflegen, mit gemeinsamen Projekten und mit einem Freundschaftsbündnis, das uns verbindet, Brücken baut und das Gemeinsame sucht.
In diesen Tagen, in denen der Antisemitismus auf der ganzen Welt zunimmt, in denen Juden um ihr Leben fürchten müssen und gezwungen sind, Zeichen zu verbergen, die sie als Juden zu erkennen geben, ist eure Freundschaft, eure Unterstützung und euer Beistand wichtiger denn je. Wir schätzen und bedanken uns für euer Engagement und eure ausgestreckte Hand.
Vielen Dank!“