Münster (SMS) Beim Internationalen Lyriktreffen Münster rückt der Alltag angesichts gegenwärtiger Krisen in diesem Jahr in den Vordergrund. Mehr als 20 Lyrikerinnen und Lyriker aus dem In- und Ausland präsentieren vom 10. bis 13. Mai ihre Kunst unter dem Motto „Poesie und Alltag“. Die vom städtischen Kulturamt in Kooperation mit dem Literaturverein veranstaltete Biennale hat jedoch nicht nur Alltägliches im Gepäck.
Alltag in Zeiten von Kriegsgewalt
Gleich der erste Festivalabend wendet sich einem Alltag zu, der den meisten Menschen in Deutschland unbekannt ist. Seit Russlands Angriff auf die Ukraine ist das Leben der Ukrainerinnen und Ukrainer von Kriegsgewalt bestimmt. Die ukrainische Dichterin Kateryna Mihalitsyna zeigt in ihrem Werk, was mit dem Alltag geschieht, wenn „seine Zunge blutig von ausgefransten Einschusslöchern“ ist (aus dem Manuskript).
Die Kinderbuchautorin, Übersetzerin und Autorin wurde 1982 in Mlyniw geboren. Ihre Kinderbücher „Who Grows in the Park“ und „The Reactors Do Not Explode: A Brief History of Chernobyl Disaster“ (mit Stanislav Dvornytskiy) sind im „White Raven“-Katalog aufgeführt. Der Katalog enthält bemerkenswerte Neuerscheinungen der Kinder- und Jugendliteratur aus mehr als 50 Ländern und in rund 40 Sprachen. Kateryna Mihalitsyna wird auf dem Lyriktreffen übersetzt und begleitet von Chrystyna Nazarkewytsch, Kulturmittlerin und Dozentin am Lehrstuhl für Deutsche Philologie der Nationalen Franko-Universität Lwiw.
Memorial greift Werke von James Baldwin auf
Um in Deutschland Unbekanntes geht es auch beim sogenannten Memorial, das ein fester Bestandteil des Lyriktreffens ist. Die künstlerischen Leiterinnen Aurélie Maurin und Anja Utler haben es im Hinblick auf den Geburtstag des hierzulande noch wenig beachteten, amerikanischen Schriftstellers James Baldwin gestaltet, der in diesem Jahr 100 geworden wäre.
Eine Gruppe um Logan February, Christian Filips, Lubi Barre und Jonis Hartmann haben sich im Vorfeld des Festivals an gegenwärtigen Reaktionen und Nachdichtungen Baldwins versucht. Sie haben sein Werk aus afrikanischer Perspektive betrachtet und sich die Frage gestellt, was ein queeres Übersetzen sein könnte. Die Ergebnisse ihrer Re-Lektüre werden auf dem Lyriktreffen präsentiert.
Überraschendes mit Mara Genschel
Überraschend wird es mit der Schriftstellerin und Performerin Mara Genschel. Unter der Überschrift „Alltag und Einfall“ gibt die 1982 in Bonn geborene Autorin und Performerin den Festivaltagen mit ihren fünf bis sieben „diskrekten Verschiebungen“ eine eigene Taktung. Was im Einzelnen geschieht, bleibt vorab ungewiss. Genschel veröffentlichte 2008 ihren ersten Gedichtband. Sie arbeitet auch in den Bereichen neue Musik und bildende Kunst und entwickelt unabhängige Publikationskonzepte und Auftrittsformen. 2017 erhielt sie den Förderpreis zum Heimrad-Bäcker-Preis.
Das Lyriktreffen wird durch die Kunststiftung NRW und das Literarische Colloquium Berlin gefördert. Weitere Informationen und das vollständige Programm gibt es online unter www.lyriktreffen.de. Karten sind an der Theaterkasse, telefonisch unter 02 51/59 09-100 oder online unter erhältlich.
Bild Kateryna Mihalitsyna: Die ukrainische Dichterin Kateryna Mihalitsyna ist in diesem Jahr zu Gast beim Lyriktreffen in Münster. Foto: Katia Moskaliuk. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.
Bild Chrystyna Nazarkewytsch: Die Kulturmittlerin und Dozentin am Lehrstuhl für Deutsche Philologie Chrystyna Nazarkewytsch begleitet und übersetzt die ukrainische Dichterin Kateryna Mihalitsyna. Foto: privat. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.
Bild Mara Genschel. Die Autorin und Perfomerin Mara Genschel gibt den Festivaltagen eine eigene Taktung. Foto: Stiftung Bauhaus Dessau/Yvonne Tenschert. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.