Jugendamt sucht ehrenamtliche Vormünder für unbegleitete minderjährige Geflüchtete

05.07.2024

78 Jugendliche aus Krisengebieten kamen in der ersten Jahreshälfte nach Münster / Neues Gesetz fördert intensivere Begleitung durch Ehrenamtliche

Münster (SMS) Herausfordernd, anspruchsvoll und bereichernd zugleich ist die ehrenamtliche Vormundschaft für einen unbegleiteten minderjährigen Geflüchteten. Das Amt für Kinder, Jugendliche und Familien der Stadt Münster sucht ambitionierte Menschen für diese Aufgaben.

In der ersten Hälfte des Jahres 2024 sind 78 unbegleitete Minderjährige nach Münster zugereist. Auf vielen lasten schwere Erlebnisse, nachdem sie den Weg aus den Krisenregionen des Nahen und Mittleren Ostens oder der Ukraine ohne ihre Familie bewältigt haben. Um einen Asylantrag zu stellen, aus der Inobhutnahme-Einrichtung in eine betreute Wohngruppe zu ziehen und um sich an einer Schule anmelden zu können, benötigen die Minderjährigen eine rechtliche Vertretung.

Diese Aufgaben kann ein Vormund des Jugendamtes, ein Vormundschaftsverein oder ein Berufsvormund übernehmen; jeder dieser hauptamtlichen Vormünder betreut in Münster jeweils 40 Einzelfälle.

Mit dem seit dem 1. Januar 2023 neu aufgesetzten Vormundschaftsrecht fördert der Gesetzgeber die ehrenamtliche Vormundschaft und mit ihr die Möglichkeit einer intensiveren individuellen Begleitung. Denn ein ehrenamtlicher Vormund, der sich um die Belange eines einzelnen Minderjährigen kümmert, soll den persönlichen Kontakt pflegen – so die im neuen Gesetz verankerte Idee. Ziel und Wunsch des Gesetzgebers ist es, über das 18. Lebensjahr des jungen Menschen hinaus weiterhin erreichbar und ansprechbar zu bleiben, wenn es etwa um Fragen zum Erwachsenwerden oder zur Berufswahl geht. Im neuen Vormundschaftsrecht ist zudem geregelt, dass das Kind oder der Jugendliche je nach Alter nun deutlich enger als zuvor an allen Entscheidungen, die sein eigenes Wohl betreffen, beteiligt wird.

Für jeden Vormund gilt, mindestens einmal im Monat persönlichen Kontakt zum Mündel aufzunehmen und jährlich für das Familiengericht einen Entwicklungsbericht zu verfassen.

Am 30. Juni 2024 verzeichnet das Jugendamt insgesamt 409 Vormund- und Pflegschaftsverhältnisse. Darunter sind auch Kinder aus belasteten Herkunftsfamilien, die in einer Einrichtung der Jugendhilfe oder in Pflegefamilien leben. In vielen Fällen werden diese Kinder von ihren Pflegeeltern auch rechtlich vertreten.

Aktuell werden für unbegleitete minderjährige Jugendliche, die aus einer Konfliktregion kommen und überwiegend männlich und um die 15 Jahre alt sind, ehrenamtliche Vormünder gesucht. Passende Berufserfahrungen etwa als Lehrkraft, Sozialpädagoge oder Erzieherin seien hilfreich für die Aufgaben eines Vormundes, jedoch nicht zwingend erforderlich, sagt Frank Museler, der im Amt für Kinder, Jugendliche und Familien der Stadt Münster die Amtsvormundschaften koordiniert. „Gesunder Menschenverstand“ oder eigene Familienerfahrung sowie Spaß und Freude an der Begleitung eines jungen Menschen in vielen entscheidenden Lebensphasen seien ebenfalls eine nützliche Grundlage, so Museler.

Ob es darum geht, ein Jugendsparkonto einzurichten, den Vertrag etwa zur kieferorthopädischen Behandlung zu unterschreiben oder zum Elternsprechtag zu gehen: Der Vormund handelt an Elternstelle und übernimmt deren Aufgaben und Verantwortung, kann sich aber im Bedarfsfall, zum Beispiel im Urlaubs- oder Krankheitsfall in der Regel auch vom Bezugsbetreuer der Wohngruppe des Jugendlichen vertreten lassen. In allen weiteren Fragen berät und begleitet das Jugendamt den Vormund.

"Vor allem kommt es auf die Beziehungsarbeit zwischen Vormund und Mündel an, um die Kultur unseres Landes und unsere Sprache zu lernen, um sich in Münster integrieren zu können", erklärt Museler. Viele ehrenamtliche Vormünder hätten eine gute persönliche Beziehung zum betreuten Jugendlichen: "Die allermeisten jungen Geflüchteten sind mehr als dankbar für die Unterstützung ihres Vormundes."

Alle Interessenten zur Übernahme einer ehrenamtlichen Vormundschaft erwartet eine intensive Vorbereitung, bis eine Empfehlung zur Übernahme einer Vormundschaft für einen jungen Menschen an das Familiengericht geht. Schließlich entscheidet das Familiengericht abschließend mit einem Beschluss über die Bestellung zum Vormund.

Im Vorfeld haben die Beteiligten immer ausreichend Zeit, sich gegenseitig intensiv kennenzulernen und auszutauschen. An diesen Informationsgesprächen nehmen neben den Vertretern des Jugendamtes auch Dolmetscher teil, damit alle Themen verständlich übersetzt werden. Auch im weiteren Verlauf kann auf die Unterstützung eines Dolmetschers zurückgegriffen werden.

Sollten unerwartete Probleme bei der Begleitung einer Vormundschaft entstehen, so ist es auch möglich, die Vormundschaft vorzeitig zu beenden und einen Wechsel herbeizuführen, dies kommt aber in der Alltagspraxis des münsterschen Jugendamtes höchst selten vor.

Für den regelmäßigen Austausch sowie mit dem Ziel der Vernetzung treffen sich die ehrenamtlichen Vormünder in der Regel alle drei Monate zu einem „Arbeitskreis der Ehrenämter“. Dieser Arbeitskreis ist eine freiwillige Abendveranstaltung in lockerer Runde.

Informationen zur ehrenamtlichen Vormundschaft gibt Frank Museler im Amt für Kinder, Jugendliche und Familien: Telefon 0251/492-51 60, E-Mail: MuselerF@stadt-muenster.de. 

Bild: Bis ein Jugendlicher aus einem Krisengebiet in Münster Fuß fasst und heimisch wird, stehen mehrere Wohnungswechsel an. Sein Vormund hilft ihm bei allen Formalitäten. Foto: Stadt Münster. Veröffentlichung mit dieser Pressemitteilung honorarfrei.

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