Münster (SMS) Im kommenden Haushaltsjahr rechnet Stadtkämmerin Christine Zeller mit einem Fehlbetrag in Höhe von 37,4 Millionen Euro. Der Fehlbetrag kann durch die sogenannte Ausgleichsrücklage aufgefangen werden, die allerdings nach der aktuellen Planung in 2026 aufgebraucht sein wird. Das geht aus dem Haushaltsplanentwurf 2025 hervor, den die Kämmerin am 9. Oktober dem Rat vorstellen wird.
„Das bedeutet, dass wir bei einem weiterhin defizitären Haushalt im kommenden Jahr auf die Allgemeine Rücklage zurückgreifen müssen. Damit steht die Haushaltssicherung dann nicht mehr nur vor der Tür. Sie klopft an“, fasst Zeller die Lage der Stadtfinanzen zusammen. Haushaltssicherung bedeutet, dass die Handlungsspielräume für Rat und Verwaltung massiv eingeschränkt werden, ein umfangreiches Konsolidierungspaket aufzustellen wäre und neue freiwillige Aufgaben auch bei deutlich erkennbarem Bedarf nicht mehr getätigt werden können.
Dieser Fall tritt ein, wenn eine Kommune ihre Allgemeine Rücklage, also das Eigenkapital, zwei Mal in Folge um mehr als fünf Prozent reduzieren muss, um ihre Jahresdefizite zu decken. „Von dieser Situation trennen uns im Jahr 2026 nur noch 3,4 Millionen Euro und im Jahr 2027 nur noch 1,1 Millionen Euro“, führt Zeller aus, „das ist angesichts des gesamtstädtischen Haushalts in Höhe von fast 1,7 Milliarden Euro eine sehr fragile Situation.“
Die angespannte Lage in Münster ist auch das Ergebnis einer strukturellen Schieflage, unter der inzwischen die gesamte Kommunallandschaft in NRW leidet. Von den 427 Kommunen und Kreisen in NRW konnten nach Angaben der Landesregierung zum Stichtag 31. Dezember 2023 nur noch 73 einen strukturell ausgeglichenen Haushalt vorlegen. Knapp zehn Prozent der Kommunen mussten zu diesem Zeitpunkt bereits unter dem Regime einer Haushaltssicherung wirtschaften und dürfen vor Ort kaum noch selbst entscheiden, wofür ihre Kommune Geld ausgibt. Zeller: „Wenn wir dieses Szenario für unsere Stadt vermeiden und mit der Finanzhoheit die Grundlage unserer Gestaltungsmöglichkeiten schützen wollen, müssen wir unsere Sparbemühungen deutlich verstärken.“
Die aktuelle Finanzlage der Stadt entsteht auch aus hohen freiwilligen Standards, die Münster sich in vielen Bereichen städtischen Handelns leistet. Ursächlich sind ferner Kostensteigerungen in kommunal kaum beeinflussbaren Bereichen. So sind die Transferaufwendungen von 2016 bis 2023 von 539,6 Millionen Euro auf 756,0 Millionen Euro gewachsen. Die Entwicklung bei den Transferleistungen setzt sich fort und belastet den Haushalt auch 2025 enorm. Eine weitere Herausforderung besteht im Handeln des Bundes: Von dort werden zunehmend Lasten auf die Kommunen überwälzt. Zeller: „Die Schuldenbremse im Bund ist zum Teil eben auch ein Schuldenturbo für die Kommunen, die am Ende die Aufgaben erfüllen müssen, ohne sie weiterreichen zu können.“
Oberbürgermeister Markus Lewe und der Verwaltungsvorstand schlagen dem Rat der Stadt Münster nun gemeinsam mit der Kämmerin 81 Sofortmaßnahmen vor, die den Haushalt ausreichend entlasten und die Gefahr der Haushaltssicherung abwenden. Lewe: „Wir haben um jeden einzelnen Vorschlag hart gerungen, weil wir wissen, dass dieser verschärfte Sparkurs auch für die Bürgerinnen und Bürger den Abschied von liebgewonnenen Privilegien bedeuten würde. Am Ende entscheidet die Politik, welche Vorschläge umgesetzt werden. Aber die Anstrengungen werden belohnt, weil sie sicherstellen, dass der Rat weiterhin das machen kann, wofür er gewählt wurde: Den Rahmen für den Alltag der Menschen in Münster bestmöglich und selbstbestimmt zu gestalten.“
Während die Kämmerin allen Ämtern und Dezernaten der Stadtverwaltung ein striktes Ausgabenbudget zugewiesen hat, waren die Spitzen der Dezernate aufgerufen, in ihrem jeweiligen Bereich konkrete Maßnahmen zu dessen Einhaltung identifizieren zu lassen. Auf dieser Grundlage schlägt die Verwaltung dem Rat sowohl strukturelle Sparmaßnahmen mit Langfristwirkung wie auch Maßnahmen mit möglichen Sofortwirkungen vor.
Neben den Einzelmaßnahmen sieht der Vorschlag der Verwaltung auch vor, den Umfang von Investitionsmaßnahmen zukünftig deutlich kritischer in den Blick zu nehmen. Reduktionsvarianten zu Investitionsmaßnahmen sollen dabei den Blick wieder auf das Notwendige richten.
Bei den vielfältigen Leistungen der städtischen Ämter und Einrichtungen soll der selbstgesetzte Standard, der vielfach höher ist als der gesetzlich geforderte, kritischer als bislang überprüft und angepasst werden. Zeller: „Wir müssen den Fokus vermehrt auch auf die wirtschaftliche Aufgabenerfüllung legen. Nur dann können wir es auch in Zukunft schaffen, stabile Finanzen und gute kommunale Aufgabenerfüllung wieder in Einklang zu bringen.“
Eine ausführliche Darstellung der finanziellen Ausgangslage und die Liste der vorgeschlagenen Sofortmaßnahmen im Haushaltsplan 2025 stehen im Ratsinformationssystem zur Verfügung: https://www.stadt-muenster.de/sessionnet/sessionnetbi/vo0050.php?__kvonr=2004054406