06.09.2001

Mord bei Meimelwetter

Dreharbeiten zum sechsten Münster-Krimi haben begonnen

(SMS) Patricia tritt fröstelnd vom einen Bein aufs andere. "Mann, so ein Mistwetter", stöhnt die 19-jährige Statistin und klammert sich an ihren Plastikbecher mit heißem Kaffee. Es ist kurz nach acht am Dienstagmorgen und der Regen scheint kein Ende nehmen zu wollen. Auch der wartende Pedro schaut eher mißmutig auf das nasse Kopfsteinpflaster des münsterschen Domplatzes. Von der Filmcrew stört das Wetter anscheinend niemanden. Geschäftig, aber nicht hektisch, laufen die Vorbereitungen für die erste Szene an diesem Morgen an. Kommandos gehen per Funk hin und her und endlich kommt auch die Frittenbude vorgefahren, die für die ersten Aufnahmen als Requisite herhalten wird.

Seit Dienstag wird in Münster mit Unterstützung des Filmservice Münster.Land der nun bereits sechste Wilsberg nach einem Roman vom münsterschen Krimi-Autor Jürgen Kehrer für das ZDF gedreht. In "Wilsberg und die Tote im Feld", so der Arbeitstitel, trifft Privatdetektiv Georg Wilsberg auf seine Jugendliebe Maria, die es zur Schloßherrin von Havenbroich gebracht hat. Wenig später wird eine Tote im Maisfeld gefunden. Ein Feld, das zum Anwesen der Havenbroichs gehört. Schnell ist klar, das die ermordete Biologin illegalen Machenschaften auf der Spur war. Wilsberg stellt Ermittlungen an, in deren Verlauf er sich immer tiefer in einem Netz von zahlreichen Verdächtigen, falschen Fährten und Genmanipulation verstrickt.

Die erste Szene ist nach gut 90 Minuten im Kasten. Der Regen hat aufgehört und alle sind zufrieden. Auch Hauptdarsteller Leonard Lansink alias Wilsberg ist guter Dinge, obwohl er schon so früh am morgen ein dutzend Mal herzhaft in eine Pappschale mit Pommes greifen mußte. Patricia steht bereits wieder beim Catering, einer Bude, die das gesamte Team mit heißem Kaffee, Brötchen und später auch mit dem Mittagessen versorgt. Nachdem sie die letzten 90 Minuten immer wieder über den Domplatz laufen mußte, um als Passantin den Hintergrund der Szene zu beleben, heißt es nun wieder warten. "Das Komparsendasein ist schwerer als man sich das vielleicht vorstellt", weiß sie zu berichten. "Bei Wind und Wetter steht man den ganzen Tag auf Abruf bereit." 100 Mark erhält sie dafür, dass sie sich von morgens halb neun bis abends um sieben bereit hält, um dann auf Kommando einmal kurz durchs Bild zu laufen. "Aber natürlich macht das auch Spass", versichert sie schnell.

Der Spaß ist Regieassistent Thomas Hengesbach jedoch zunächst vergangen. "Könnt ihr vielleicht endlich mal dafür sorgen, dass hier keine Leute mehr durchkommen", knurrt er in sein Funkgerät. Bereits zum zehnten Mal versucht das Team nun eine Szene am Spiegelturm zwischen Domplatz und Überwasserkirche abzudrehen und wieder hat sich ein Radfahrer durch die Absperrung gemogelt. "Manni" (Heinrich Schafmeister) und "Wilsberg" nehmen es gelassen und auch die Statisten schlurfen stoisch auf ihre Ausgangspositionen zurück. Beim nächsten Versuch stört ein lautes Hämmern von der Baustelle am Turm des Domes den Dreh. Und wieder: "Abbruch - alles auf Anfang!" Nach vier Proben und siebzehn Klappen ist die 45-Sekunden-Szene endlich abgedreht. Mehr als 50 000 Mark kostet ein Außendrehtag. Ganze drei Minuten und zehn Sekunden, die später im Film zu sehen sind, werden heute abend im Kasten sein.

Morgens am Domplatz hatten Kameras, Stative und Beleuchtung bei vorbeilaufenden Schulklassen noch für Aufregung gesorgt. Am Alten Steinweg schauen zwischendurch nur mal ein paar Passanten herüber. Auch bei der künftigen Primarstufe-Studentin Patricia ist die Luft raus. "Ich bin echt froh, wenn ich heute abend nach Hause kann", gähnt sie müde. Es ist bereits ihr dritter Wilsberg, bei dem sie als Statistin mitwirkt. Vor zwei Jahren wurde sie bei Dreharbeiten angesprochen, gleich am nächsten Tag hat sie mitgemacht. Mittlerweile war sie mit Hilfe einer Komparsenagentur auch schon bei einem Dreh in Köln.

Bis zum Samstag dreht das Team von Cologne-Gemini noch in Münster, danach geht es in einem Maisfeld in der Nähe von Ottmarsbocholt weiter. Wenn alles nach Plan läuft, sind die Dreharbeiten am 4. Oktober abgeschlossen. Im Frühjahr nächsten Jahres wird der sechste Wilsberg ausgestrahlt. Doch zunächst gibt es am Samstag, 20. Oktober, den im Mai gedrehten "Münster-Krimi" zu sehen. Um 20.15 Uhr strahlt das ZDF "Wilsberg und der Schuss im Morgengrauen" aus – mit Patricia, die dann sicherlich aufmerksam vor dem Bildschirm sitzt, um ihren kurzen Auftritt von den letzten Dreharbeiten nicht zu verpassen.