Diese Erinnerungen einer heute über 70-jährigen Münsteranerin an ihr erstes Puppenhaus ist eines von über 100 Exponaten in der Ausstellung "Demoisellen, Wichter, coole Girls - Mädchen in Münster". Wie lebten Mädchen früher in Münster? Womit spielten sie? Gingen sie zur Schule? Was haben sie in den Lehrinstituten für Demoisellen und für Höhere Töchter gelernt? Konnte dat Wicht – das ist das Wort für "Mädchen" im münsterschen Plattdeutsch – nur Dienstmädchen werden oder heiraten?
Mit Spielzeug, Poesiealben und Schulzeugnissen, mit Kleidung, Gemälden und Fotografien versucht die Ausstellung im Stadtmuseum Antworten auf diese Fragen zu geben. Sie erhebt dabei nicht den Anspruch, beispielsweise die Geschichte des Mädchenschulwesens in Münster von den Anfängen bis in die Gegenwart umfassend darzustellen. Vielmehr möchte sie anschaulich Lebenssituationen von Mädchen beleuchten und verbindet viele der Exponate mit einer Biografie oder einer kleinen Geschichte. So wie das Puppenhauserlebnis der kleinen Trudel am Heiligen Abend. Die Ausstellungsstücke stammen aus sechs Jahrhunderten, der Schwerpunkt liegt auf Objekten aus dem 19. und 20. Jahrhundert.
Ist es cool, ein Mädchen zu sein?
Es bleibt nicht allein bei dem Blick in die Vergangenheit. Dem historischen Teil stellt das Stadtmuseum insgesamt vier wechselnde Präsentationen zum Thema "Mädchen heute" zur Seite. Ist es im Jahr 2002 cool, in Münster ein Mädchen zu sein? Sehen sich Mädchen selbst gern als Girlies? Aktuelle Arbeiten von Mädchen aus Projekten und dem Schulunterricht spüren diesen Fragen nach.
Darunter ist eine Ausstellung mit Bildern zur kritischen Selbstsicht der Mädchen heute. Titel: "Von der Kunst, ein Mädchen zu sein". Eine andere Schau zeigt Fragmente aus Lebens- und Gefühlswelten von Mädchen und jungen Frauen mit sexueller Gewalterfahrung (Projekt des Zartbitter e.V., Münster). "Vom Krieg in den Frieden" heißt eine Präsentation mit Arbeiten von Mädchen aus dem Kosovo, Serbien und aus Münster. Mädchenbeirat beteiligt
Adressaten der Ausstellung sind Mädchen von 8 bis 18. Die Ausstellungsmacherinnen Dr. Rita Kauder-Steiniger und Manuela Werner haben sich daher Unterstützung bei einem "Mädchenbeirat" geholt. Er hat Konzept und Gestaltung engagiert begleitet und immer wieder dafür gesorgt, dass die Ausstellungsperspektive den jungen Besucherinnen (und Besuchern) gerecht wird.
Zur Ausstellung ist ein Begleitbuch (fünf Euro) erschienen. Nachzulesen sind dort Geschichten über Mädchen aus Münster. Darunter auch eine fiktive Biografie von einem Mädchen, das anno 1400 in dieser Stadt gelebt haben könnte. Darüber hinaus bietet das Stadtmuseum ein museumspädagogisches Begleitprogramm und Führungen an. Zusätzlich gibt es bis April rund 50 Veranstaltungen von städtischen Einrichtungen und freien Trägern für Mädchen aus Münster. Eine eigene Programmbroschüre hält dazu ausführliche Informationen bereit. Das Plakatmotiv - ein fröhliche Königin mit Krone, Ohrring, Kette und Pumps - ziert auch einen Kaffeebecher. Vom Verkaufserlös 4,90 Euro geht je ein Euro in die Restaurierung eines alten Kleides. Das Festgewand wurde 1907 von einem Mädchen bei einer Wohltätigkeitsgala getragen und ist in der Ausstellung zu sehen.
"Demoisellen, Wichter, coole Girls - Mädchen in Münster" ist bis zum 13. April 2003 im Stadtmuseum zu sehen. Öffnungszeiten: dienstags bis freitags 10 – 18 Uhr, samstags/sonntags 11 bis 18 Uhr.