"Ein Wasserschaden im Gartensaal, der auch der Wandverkleidung zusetzte, brachte den Stein ins Rollen", erinnert sich Mechthild Mennebröcker von der städtischen Denkmalbehörde. "Deshalb musste eine neue Tapete her." Bei Voruntersuchungen stieß man auf ein gerahmtes Stück Tapete in der Abstellkammer: Ein dezentes florales Muster in sanftem Grün mit einer Bordüre in Mennige. Das Deutsche Tapetenmuseum in Kassel kam zu einem eindeutigen Urteil: Es handelt sich um eine deutsche Handdrucktapete, gefertigt zwischen 1825 und 1830. Ein aufregendes Resultat, da die Familie Hülshoff vor ihrem Einzug die Dekoration des vorherigen Bewohners Johann Conrad Schlaun in den herrschaftlichen Räumen zur Gartenseite änderte. Das war 1825/26.
Aber noch fehlte der eindeutige Beweis, dass die Tapete tatsächlich aus dem Rüschhaus stammte. Und welchen Raum schmückte sie wann? Doch der Rest lieferte selbst den Hinweis: Auf ihm fanden sich Spuren einer blauen Tapete, die das Fundstück im Jahre 1870 als Wandverkleidung ablöste. Nach akribischer Suche wurden winzige Fetzen eben jener Tapete auch an den Wänden im Gartensaal aufgespürt und als Fund 027 registriert. Gründliche Untersuchungen beseitigten jeden Zweifel: Fund 027 und die blaue Tapete auf dem gerahmten Abstellkammer-Fundstück waren identisch.
Nach mehrmonatigen wissenschaftlichen Recherchen zur Tapetenrekonstruktion und diesem Ergebnis fiel dem Team mit Kunsthistorikern, Denkmalschützern, Restauratoren die Entscheidung leicht: Der Gartensaal sollte die authentische Tapete zurückerhalten und den Zeitgeist des Klassizismus ausstrahlen.
Mit Lutz Walter aus Wernigerode fand man im Harz den deutschlandweit einzigen Spezialisten, der in aufwändiger Handarbeit solche originalgetreuen Nachbildungen herstellen kann. Das Tapetenfragment aus der Abstellkammer zeigte zum Glück einen kompletten Rapport der Tapete – nichts musste ergänzt oder gar erahnt werden.
Zuerst fertigte Lutz Walter von jeder Druckfarbe eine rapportgetreue Zeichnung. Dieses Muster rieb ein Formstecher mit einem so genannten Kritzpapier auf die Holzoberfläche des Druckmodells. Danach wurde eine etwa drei bis vier Millimeter tiefe Kontur ausgestochen und mit Filz gefüllt, damit Figuren und Profile entstehen. Die fertige Vorlage wurde auf das handgeschöpfte Papier gedruckt – Stück für Stück, Farbe für Farbe, Rolle für Rolle und alles in echter Handarbeit.
Von den 60 000 Euro Gesamtkosten zur Restaurierung des Gartensaals entfällt die Hälfte auf das Tapetenkleid. Für diese Sicherung und Bewahrung einer historischen Handdrucktapete steuerte aus seinem Denkmaltopf das Land Nordrhein-Westfalen 15 339 Euro hinzu.
Wer mehr über die neue, alte Tapete wissen möchte, hat dazu am 8. September Gelegenheit vor Ort: Zwischen 10 und 17 werden nach Bedarf kostenlose Sonderführungen durch das Rüschhaus angeboten. In dem Faltblatt "Tapetensuche mit detektivischem Spürsinn" ist die Geschichte im Detail nachzulesen. Es liegt in der städtischen Bürgerberatung im Stadthaus 1, im Kundenzentrum Stadthaus 3, im Stadtmuseum an der Salzstraße und im Haus Rüschhaus aus.