Kinder nehmen Sterben und Tod anders wahr als Erwachsene. Ihre Einstellungen können überraschen oder erschüttern, ihre Kommentare sind oft bildreich und erinnern an eigene, längst vergessene Vorstellungswelten. Dies sind Erfahrungen, die die Ausstellungsinitiatorinnen, Privatdozentin und Theologin Dr. Martina Plieth und Grundschullehrerin Ulrike Itze, bei ihrem mehrjährigen Forschungsprojekt machten.
"Während Erwachsene vielfach den Tod verdrängen, ihn ausblenden, setzen sich Kinder intensiv mit Sterben, Verlust, Trauer auseinander", so Stadtmuseumsdirektorin Dr. Barbara Rommé. "Wir wollen durch unsere Ausstellung anregen, über Vorstellungen, Ängste und Hoffnungen im Umfeld des Todes nachzudenken".
Alle Zeichnungen sind mit erläuternden Texten und Zitaten der Mädchen und Jungen versehen und nach Themenkreisen geordnet. Da gibt Naturdarstellungen, die Orte des Todes sonnendurchflutet, voller Blumen und mit Vogelgezwitscher beschreiben. Auf anderen Bildern versteckt sich die Sonne, Blütenblätter fallen und scheinbar kraftvolle Bäume erweisen sich durch verfaulte Wurzeln vom Tode bedroht.
Gräber werden als letzte Ruhestätten gemalt. Sie sind liebevoll mit Kreuzen, Lichtern und Pflanzen geschmückt. Auf manchen Grabsteinen sind ‚Lobsprüche‘ zu erkennen, die dazu beitragen sollen, dass die Toten sich freuen und so ihre Zeit im dunklen Erdreich besser überstehen. In die Särge wird hineingeschaut. Die Kinder legen Wert darauf, dass ‚schlimme Tote‘ - Menschen mit einem qualvollen Sterbeprozess - einen ganz besonderen Platz an der Sonne erhalten.
Die Frage, wie Menschen sterben und was unmittelbar danach mit ihnen geschieht, bestimmt viele Darstellungen. Da gibt es Unfallszenen, aber auch Szenen aus dem Krieg oder brutale Bilder von Mord und Totschlag - meistens von Jungen gemalt. Mädchen hingegen beschäftigen sich eher mit Problemen der Totenversorgung. Sie schildern häusliche Aufbahrungen und gestalten Abschiedsrituale.
Über die trauernden Hinterbliebenden wird intensiv nachgedacht. Sie weinen und gehen in die Knie. Oft stehen sie nahe beieinander, halten sich an den Händen oder stützen sich. Kinder - so vermitteln die Zeichnungen - wissen offensichtlich intuitiv, dass geteiltes Leid leichter zu tragen ist.
Der Tod erhält Gestalt: Er trägt häufig teuflische Züge und wirkt Furcht erregend. Jungen versehen ihn mit männlichen Attributen und statten ihn mit Waffen aus. Mädchen zeichnen ihn traurig; sie kennen auch "Frau Tödin" und betonen, dass sie sich gar nicht freut, wenn sie Menschen ‚abholen‘ muss.
Auf vielen Bildern gibt es Hinweise auf ein ‚Todes-Danach‘. Da werden "Ausgänge zum Leben" gemalt, "Gottestüren" geöffnet. "Seelenengel" steigen aus den Gräbern auf. Die meisten von ihnen besitzen Flügel oder die Fähigkeit, zu fliegen. Sie wollen allesamt aus der Dunkelheit zum Licht - sie freuen sich auf ihr neues Leben.
Das Stadtmuseum bietet zur Ausstellung ein museumspädagogisches Programm an, darunter Führungen für Schülerinnen und Schüler (Absprachen unter Telefon 02 51 / 4 92-45 03). Bis zum 21. Juli werden die Zeichnungen gezeigt.
Stadtmuseum Münster, Salzstraße 28; Öffnungszeiten: Dienstag bis Freitag 10 bis 18 Uhr, Samstag/Sonntag 11 bis 18 Uhr; Eintritt frei