22.08.2000

Wertvoll und noch nie ausgestellt: Stadtmuseum zeigt Gemälde einer Kindtaufe

Zur "Täufer"-Ausstellung Bild aus Cranach-Umkreis / Private Leihgabe stammt aus dem 16. Jahrhundert

(SMS) In der Ausstellung "Das Königreich der Täufer" des Stadtmuseums Münster wird sich an mehr als 400 Leihgaben aus Deutschland und vielen Ländern Europas die Herrschaft der Täufer, ihre Folgen für die Reformationsgeschichte und ihr Nachhall bis in die Gegenwart sinnfällig ablesen lassen. Rechtzeitig zur Eröffnung am 16. September hat das Museumsteam nun eine weitere Rarität gewinnen können: Aus privater Hand kommt ein Tafelgemälde mit der höchst seltenen Darstellung einer Kindtaufe. "Das wertvolle Exponat ist dem Cranach-Umkreis um 1540/50 zuzurechnen und wird in unserem Museum zum ersten Mal überhaupt der Öffentlichkeit präsentiert", freut sich Museumsleiterin Dr. Barbara Rommé über die Zusage dieser Leihgabe.

Nur vereinzelt finden sich im 16. Jahrhundert Säuglingstaufen in der Kunst. Das Thema "Kindtaufe" wurde 1529 auf protestantischer Seite erstmals von Lucas Cranach dem Älteren aufgegriffen und in einen eigenständigen Bildtyp umgesetzt. Die auf dem Gemälde gezeigte Kindtaufe entspricht der katholischen und lutherischen Auffassung; doch identifiziert man den lutherischen Auftraggeber eindeutig an der Tracht des segnenden Priesters.

"Bis heute lassen sich nur zwei weitere lutherisch geprägte Flügelbilder mit der Darstellung von Kindtaufen aus der Mitte des 16. Jahrhunderts nachweisen", erläutert Dr. Edda Baußmann. "Es handelt sich um den Altarschmuck in der Pfarrkirche zu Wittenberg und in der Neupfarrkiche in Regensburg", so die wissenschaftliche Mitarbeiterin des Stadtmuseums.

Die Taufe ist in der Ausstellung ein zentrales Thema, denn der Streit um die "Wiedertäufer" entbrannte an ihrer Verweigerung der Kindtaufe: Ein Mensch könne erst nach dem bewussten Verstehen des Glaubensbekenntnisses - also im Erwachsenenalter - die gültige Taufe als Zeichen für den Beginn eines neuen christlichen Lebens empfangen.

Wie wurde die Taufzeremonie nun seitens der Katholiken und Lutheraner vollzogen? Die Zeremonie der Vergangenheit ist uns heute keineswegs fremd: Die Taufe wurde und wird auch heute vorwiegend am Taufstein, über den der Säugling gehalten wird, vollzogen. Passend dazu kann das Stadtmuseum Fragmente eines münsterschen Taufsteins aus dem 15. Jahrhundert präsentieren. "Die steinernen Zeugen wurden einst von dem Kunsthistoriker Max Geisberg am Kreuztor ausgegraben und datiert", erläutert Edda Baußmann. "Er wies nach, dass es sich um Bruckstücke des ehemaligen Taufsteins der Überwasserkirche handelt".

Eben diese Fragmente finden jetzt ihren Platz in der Ausstellung. Die Täufer, so überliefern die Quellen, haben den einstigen Taufstein der Überwasserkirche entfernt und zerschlagen, um während der Belagerung mit den Bruchstücken die Befestigungsanlage am Kreuztor zu verstärken. Vergebens, wie die Nachwelt heute weiß: Die Eroberung Münsters und damit das Ende der Täuferherrschaft gelang am 25. Juni 1535 - durch Verrat.