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23.10.1997

Glückwunsch nach San Francisco: Dr. Alice Steinberg feiert 100. Geburtstag

Ehemalige jüdische Bürgerin erhält Schreiben von Oberbürgermeisterin Tüns

(SMS) Die Glückwünsche von Oberbürgermeisterin Marion Tüns und ihrer früheren Heimatstadt erhält heute (Freitag, 24. Oktober) zum 100. Geburtstag Dr. Alice Steinberg in San Francisco. Dr. Alice Steinberg ist in Münster aufgewachsen, ihr Elternhaus stand an der Neubrückenstraße. Um den Nazis zu entkommen, mußte sie 1934 Deutschland verlassen. Als Teilnehmerin des Treffens ehemaliger jüdischer Bürgerinnen und Bürger der Stadt im Jahr 1991 ist sie auch jüngeren Münsteranern in Erinnerung.

Mit Gisela Möllenhoff und Rita Schlautmann-Overmeyer von der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit ist Münster bei der Geburtstagsfeier in den USA gleich zweimal vertreten. Im Gepäck haben die beiden ein Schreiben und einen Münster-Bildband mit der Widmung von Oberbürgermeisterin Tüns.

Die guten Wünsche gelten einer ganz außerordentlichen Frau. So studierte Alice Steinberg Anfang der zwanziger Jahre als eine von zwei Frauen unter mehreren tausend Studenten an der Universität Münster Chemie, Elektrophysik und Mathematik. An der technischen Universität Hannover war sie anschließend sogar die erste Studentin in den Fächern Mathematik und Naturwissenschaften. Im Jahr 1924 erhielt sie in Münster die Promotionsurkunde.

Ihr weiterer Lebensweg führte sie über Wiesbaden und Castrop-Rauxel nach Köln. Dort wurde nach dem Machtantritt der Nationalsozialisten ihr Ehemann aufgrund des "Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums" als Landgerichtsrat aus dem Staatsdienst entlassen.

Nun bereitete Dr. Alice Steinberg die Emigration der Familie vor. Sie erlernte in den Niederlanden die Herstellung von Tabletten und Salben. Mit der Lizenz einer niederländischen Firma wanderte sie nach Südafrika aus, übernahm dort wenig später die Vertretung einer französischen Kosmetikfirma und sicherte damit den Lebensunterhalt.

Nach dem Tod des Ehemannes zog Dr. Alice Steinberg zu ihrem Sohn in die USA. Im Alter von 93 Jahren kam sie seinerzeit zum Treffen der ehemaligen jüdischen Bürgerinnen und Bürger nach Münster. Damals beeindruckte sie unter anderem mit ihrem Lebensbericht vor einer Jahrgangsstufe des Gymnasiums St. Mauritz.

 

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