Weseler Straße 48
Bearbeitet von Marina, Richard & Vanessa
Aus der Geschichte des Hauses
Das Haus wurde etwa 1870 erbaut, doch bereits seit ca. 1850 gehörte das Grundstück Weseler Straße 48 der Familie Lühn. Deren Nachfolger werden auch in den offiziellen Akten immer mit „Erben Lühn“ bezeichnet. Das Gebäude hat eine wechselvolle Geschichte: Es gab mal eine Tankstelle, einen Kolonialwarenladen und ein Restaurant, die „Gaststätte Lühn“. Zur Verbreiterung der Weseler Straße hat die Stadt Münster von Herrn Bernard Lühn im Jahr 1934 Vorgartenflächen erworben. Der Gastwirt Bernard Lühn baute im gleichen Jahr eine Tankstelle auf seinem Grundstück, weshalb es ihm nicht gefiel, dass er ein Stück von seinem Grund abgeben sollte. Doch er machte ein Angebot zur Entschädigung, das wurde angenommen. Die von der Stadt dafür versprochene Befestigung konnte jedoch nicht fertig gestellt werden, da der Krieg ausbrach. Nach dem Krieg musste der Sohn von Witwe Lühn sich erneut um die Angelegenheit kümmern.
Herr Lühn vermietete die Tankstelle von 1956-1963 an Franz Ureimer, der auf der Jahnstraße 1 in Münster wohnte. Der Vermietzins belief sich auf rund 1.500 DM im Jahr. Im Zweiten Weltkrieg wurde das Haus zu 90 Prozent zerstört. Die Kriegsschädenliste weist für Nr. 48 auch aus: Schuppen 85 Prozent zerstört, keine Wohnungen. Aus der Zeit nach dem Krieg existiert ein Gesuch des Gastwirts Hermann Waldhoff um Erteilung einer Konzession („vorläufige Schankerlaubnis“) für die Gaststätte Weseler Straße 48, Inhaberin Witwe Lühn. Herr Waldhoff hatte die Gaststätte von ihr gepachtet. Nach dem Tod ihres Mannes wollte Frau Lühn die Gaststätte offenbar nicht alleine weiterbetreiben. Herr Waldhoff erhielt die Schankerlaubnis. Später erhielt er außerdem die Erlaubnis, die „Polizeistunde“ auf zwei Uhr zu verlängern, da seine Kundschaft aus Sportlern bestand, die auch nach dem Sport noch gerne bei ihm einkehren wollten (Mitglieder und Spieler des FC Preussen 06).
1958 stellte Herr Lühn einen Bauantrag auf Erweiterung der Tankstelle, der jedoch abgelehnt wurde. Am 30. September 1959 stellte er daraufhin den Betrieb der Tankstelle ein. Die Gebäude wurden zum Wohnhaus umgebaut. Die neben dem Haus herführende Lühnstiege hat ihren Namen nach dieser Familie erhalten. Im Volksmund hieß sie schon länger so.
Herr Lühn verkaufte das Haus in den 90er Jahren an Familie Bense.
Die Informationen haben wir im Stadtarchiv gefunden. Die Akten, die wir benutzt haben, hatten folgende Bezeichnungen:
— Ordnungsamt Nr. 147 Weselerstraße
— Ordnungsamt Nr. 38, Schankerlaubnis
— Liegenschaftsamt, Nr. 472 Weseler Straße
— Kriegsschädenliste
— Gebäudeschädenkartei
Außerdem haben wir am 10. Juni 2010 ein Gespräch mit Frau Lühn geführt.
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Material
Die Texte sind Auszüge aus dem Interview, das die Häuserforscher mit der ehemaligen Besitzerin des Hauses, Frau Lühn, am 10. Juni 2010 führten.
Was wissen Sie noch über das Grundstück? Sie habe uns ja schon etwas erzählt und auch schon Fotos gezeigt. Wir haben gelesen, dass das Grundstück schon mal größer war.
Ein Stück der Fläche vor seinem Haus hat Herr Lühn abgegeben, als die Weseler Straße verbreitert wurde. […]
Früher war das alles noch Kopfsteinpflaster und Bäume standen da. […]
Es gab auch einen Ausspann für die Pferde, noch bevor die Tankstelle da war. Da wurden die Pferde dann angebunden, und dann gingen die Bauern einkaufen oder gingen in die Stadt.
… oder in die Schänke.
Genau, anschließend gingen sie in die Schänke. Aber der Ausspann war ganz bekannt bei den Bauern. Die noch leben, die erzählen heute noch davon.
Ihr Mann hat doch auch noch Kolonialwaren verkauft, oder?
Nein, der hat das schon nicht mehr gemacht. Aber seine Mutter, also meine Schwiegermutter, die hat das verkauft. Die Familie wohnte immer in der ersten Etage. Die anderen Wohnungen wurden vermietet.
Das Haus war also schon sehr lange im Besitz der Familie Lühn.
(Frau Lühn zeigt Fotos.) Das ist Bernard – mit seiner Frau. Er hat das Haus gebaut. […] Die Aufnahme ist schon sehr alt. Der Sohn, also der Vater meines verstorbenen Mannes, der war Jahrgang 1898. Und auf dem Bild haben sie noch keine Kinder.
Neben dem Haus gibt es heute eine Straße, die „Lühnstiege“ heißt. Wissen Sie, warum sie so benannt wurde?
Ja, schaut mal, da steht es. Da habt ihr alles schriftlich.
1961 wurde die Straße so benannt. Das ist noch gar nicht so lange her.
Nein. Aber im Volksmund hieß der Weg immer schon so. Als er offiziell umbenannt werden sollte, da hat mein Mann einen Antrag gestellt, damit der alte Name bleiben konnte.
Neben dem Namen der Gastwirtschaft stand auch immer noch der Zusatz „im Haus Lühn“.
Ja, genau, als die Warsteiner Brauerei das übernommen hat. Zuvor hatte die Germania-Brauerei die Gaststätte, das wechselte nachher zur Warsteiner, die nannten das dann „Die Warsteiner Stuben“, das war so ein Pilotprojekt der Brauerei. Es zielte darauf ab, das gleiche Erscheinungsbild in allen Städten, in denen die Brauerei vertreten war, zu etablieren. Mein Mann hat dann aber gesagt: „Nein, das kann nur ‚Warsteiner Stuben im Hause Lühn‘ heißen“, damit der Name weiterhin damit in Verbindung steht.
Ich finde, das Haus sah früher viel schöner aus als heute. Es war viel schöner verziert.
Ja, man hat das Haus nach dem Zweiten Weltkrieg ganz anders wieder aufgebaut. Das Haus wurde komplett zerstört, durch eine Brandbombe. Die ist direkt mitten in das Haus eingeschlagen. Ich kenne das Ereignis nur aus den Erzählungen von meinem Mann. Er war noch im Haus gewesen, ist dann aber weggegangen und hat unterwegs jemanden aus der Nachbarschaft getroffen. Der hat zu ihm gesagt: „Weißt Du nicht, dass Euer Haus brennt?“ Er antwortete: „Das kann ja gar nicht sein, ich komme ja gerade da her“ – ja, und da war es passiert.
Hielt sich zu dem Zeitpunkt denn noch jemand im Haus auf?
Nein, glücklicherweise nicht. Bis auf die Grundmauern ist es niedergebrannt. Die Bewohner waren zu dem Zeitpunkt im Bunker. Da ist ja dieser Von-Kluck-Bunker, neben der Marienschule. Da sind sie untergekommen. Nach dem Krieg wurde das Haus dann von meiner Schwiegermutter, Witwe Clara Lühn, und ihrem Sohn wieder aufgebaut.
Die Vize-Meisterschaft:
1951 schaffte der SC Preußen 06 erstmals den Einzug in die Endrunde um die Deutsche Fußballmeisterschaft. Im ausverkauften Berliner Olympiastadion trafen die Preußen auf den 1. FC Kaiserslautern. Die Preußen verloren 1:2, die Münsteraner bereiteten ihnen dennoch einen begeisterten Empfang in der ganzen Stadt – und natürlich auch in ihrem Vereinslokal: der Gaststätte Lühn.
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