Unterbringung von Zwangsarbeiterinnen
und Zwangsarbeitern in Stadt- und Landkreis Münster 1939 - 1945
Lebensumstände
Kriegschronist Wiemers notiert im Januar 1943: |
Zwangsarbeiterin und Zwangsarbeiter zur Erährung | |
» Zu meiner Überraschung erfahre ich, daß die Stadt die sämtlichen Russen schon wieder fortgeschickt habe, weil die Leute so ausgehungert und schlapp waren, daß sie mit der Müllabfuhr in den vergangenen fünf Tagen nicht haben fertig werden können. Die Leute hätten meistens, anstatt zu arbeiten, die Mülltonnen durchwühlt und alles aufgegessen, was sie darin fanden. « |
Stanislava Schjatanova erinnert sich:
» Das Essen aus Münster kam in Kannen: Das war Suppe, alles Mögliche. Rüben, mal eine Kartoffel. Alles Mögliche reingerührt ins Essen! Davon mussten wir uns ernähren. Heute würden nicht mal die Schweine fressen, was wir essen mussten. « |
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Nikolaj Tschivnel erinnert sich:
» In der freien Zeit ging ich in die Stadt: Brotmarken betteln. Wir waren hungrig. Es ist nicht peinlich. Die Not hat uns gezwungen. « |
In den Lagern und Unterkünften herrschte Hunger. Steckrüben und Kohlsuppe standen auf dem Speiseplan. Die Versorgung war spärlich und einseitig. Die Qualität der Ernährung zeigt ein Schreiben des Landrates des Landkreises Münster vom November 1942. Er setzt seine untergebenen Bürgermeister in Kenntnis, dass "Freibankfleisch", also minderwertiges Fleisch, an Kriegsgefangene, Ostarbeiter, Justizgefangene und Häftlinge ausgegeben werden dürfe.
Der Landrat gestattet die Verwendung von minderwertigem Fleisch für die Ernährung der Zwangsarbeiter |
Zwangsarbeiter zum Thema Kleidung |
Nikolaj Bondarenko erinnert sich: » Wir hatten schlechte Kleidung und schlechte Schuhe. Wir trugen Holzschuhe und warme Lumpen: Wir wurden ausgelacht. Deswegen spricht heute keiner davon. « |
Die Ausstattung mit Kleidung beschränkte sich oft genug auf die Ausstattung, in der die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter festgesetzt worden waren.
Zwangsarbeiterin / Zwangsarbeiter zum Thema Krankheit und Tod |
Evgenia Romanova erinnert sich: » Wir duldeten alles. Wenn jemand krank ist, geht er zum Arzt: und der Arzt gibt ihm Abführmittel. Und wenn man dann ständig auf die Toilette läuft, dann überlegt man, ob man noch mal zum Arzt geht. « Nikolaj Tschivnel erinnert sich: » Ein Krankenwagen kam, die kranken Kinder abzuholen. ... Aber meine Brüder kamen nicht mehr zurück. Man brachte einen Zettel, dass einer tot ist. Und nach 10 Tagen auch für den zweiten. « |
Kriegsgefangenen-Lagergeld (Foto: Privat) |
Der körperliche Allgemeinzustand der Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter war auch wegen der mangelhaften Ernährung sehr schlecht. Hohe Belegungszahlen, mangelhafte sanitäre und hygienische Ausstattungen in den Lagern führten häufig zur schnellen Verbreitung von ansteckenden Krankheiten wie etwa Fleckfieber. Die medizinische Versorgung erwies sich als sehr dürftig. "Ostarbeiter" waren sogar bis 1944 vom Krankenversicherungsschutz ausgeschlossen. Verstorbene Osteuropäer beerdigte man auf dem Friedhof Lauheide oder anderswo meist außerhalb der allgemeinen Gräberreihen.
Den Zwangsarbeitern und -arbeiterinnen stand im Lager nur in sehr begrenztem Umfang Freizeit oder Ausgang zu. Die Deutsche Arbeitsfront (DAF) organisierte vor allem seit dem Sommer 1943, als die Kriegswende unübersehbar geworden war, spärlich Veranstaltungen wie Ausflüge, Filmvorführungen oder ähnliches. In den Kriegsgefangenenlagern wurde ein Teil des ohnehin kärglichen Lohnes in Lagergeld ausbezahlt, mit dem nur dort etwas erworben werden konnte. Um ihre Einkünfte ein wenig zu erhöhen, stellten einige Zwangsarbeiter und Zwangsarbeiterinnen in ihrer knappen Freizeit etwa Holzfiguren oder Strohkästchen her, die sie bei gutwilligen Deutschen trotz Verbot gegen Lebensmittel tauschten.
Zwangsarbeiterin / Zwangsarbeiter - Situation von Kindern |
Evgenia Romanova erinnert sich: » Wir [Kinder] saßen nur still und hatten vor allem Angst. Wir hatten keine Zeit zu spielen. Nur still gesessen. Du wirst ja nicht spielen, wenn Du hungrig bist. « |
Kinder aus der Sowjetunion, die bei der Trümmerräumung arbeiten mussten |
Eine große Gruppe unter den Zwangsarbeitern bildeten schon seit 1942 die Frauen, die zum großen Teil in noch sehr jungen Jahren verschleppt wurden. Auch sie mussten schwere körperliche Arbeiten ausführen. Teilweise wurden auch Schwangere oder Mütter mit Kindern deportiert. Für sie gab es nur sehr eingeschränkte Schutzbestimmungen. Die Geburten fanden unter mangelnder ärztlicher Betreuung statt. Bereits kurz nach der Geburt mussten die Frauen wieder arbeiten. In Waltrop wurde ein Entbindungs- und Abtreibungslager für Polinnen, Ukrainerinnen und Russinnen aus ganz Westfalen eingerichtet. In vielen Fällen wurden Frauen dort zur Abtreibung gezwungen.