Nach 1945...
Zwischen Freiheit, erneuter Ausgrenzung und Entschädigung
Zwangsarbeiterin und Zwangsarbeiter zur Befreiung 1945 |
Evgenia Romanova erinnert sich: » Wir saßen alle im Bunker [des Hiltruper Waldlagers], weil überall geschossen wurde. ... Da war die Brücke. ... Man verminte das. Und ein Amerikaner fuhr mit dem Motorrad: Es explodierte, und er kam um. Auf der Brücke. « |
Wladimir Gontscharov erinnert sich:
» Es war erstaunlich still. Hier und da hingen weiße Flaggen. Kein Mensch in Sicht. Neben einer zerstörten Brücke sahen wir zwei amerikanische Soldaten in Felduniform, mit Maschinenpistole um den Hals. Sie kauten pausenlos Kaugummi. Einer guckte uns an und fragte: "Rus?" Ich nickte. Er holte eine Schachtel Zigaretten "Camel" heraus und bot mir an zu rauchen. Er zeigte mit der Hand, dass ich sie nehmen kann. Damit war die Kommunikation zu Ende. Wir konnten kein Englisch, er weder Russisch noch Deutsch. Der zweite Soldat machte ein Zeichen, dass wir gehen müssen. Ich ... ging zurück ins Lager. Dort war niemand, bis auf zwei - drei Menschen. Sie wussten auch nicht, wo die anderen waren. « |
Befreite Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter erhalten Verpflegung
(Foto: Stadtarchiv Münster; aus: H. Müller, Fünf vor Null, Münster 1972, S. 73)
Am 2. April 1945, Ostermontag, rückten alliierte Truppen in Münster ein.
Amerikanische und britische Truppen besetzten die innerhalb des Promenadenrings mehr als 90 % zerstörte Stadt Münster. Damit waren der Krieg und die Zeit der Naziwillkür auch für die befreiten Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter zu Ende.
Der Großteil der ehemaligen Kriegsgefangenen und der übrigen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter wollte im April/Mai 1945 so schnell wie möglich in ihre Heimatländer zurückkehren. Ihre Rückführung musste aber erst organisiert werden. Schon im Herbst 1945 befand sich der überwiegende Teil der aus der Sowjetunion stammenden Personen wieder in ihrer Heimat bzw. im Herrschaftsbereich Stalins. Dort sahen sie sich mit erheblichem Misstrauen und erneuter Diskriminierung konfrontiert. Sie mussten Jahrzehnte auf ihre politische Rehabilitierung und auf Entschädigungen von deutscher Seite warten. Erst in den 1980er Jahren begann eine Diskussion über die nötige Entschädigung der Betroffenen sowie die wissenschaftliche Aufarbeitung des Themas.