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Vermögen und Einkünfte
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Gründungsausstattung
Kapitalanlagen
Schenkungen und Spenden
Eingebrachte Werte der Armen
Gartenbau, Landwirtschaft und Viehzucht
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Kleinere, querstehende Häuser, sogenannte "Gademe"
[Bildnachweis] |
Ein Armenhaus wurde bei seiner Gründung mit einem Vermögen ausgestattet,
das zumindest aus dem Gebäude bestand, in dem die Armen wohnen sollten.
Darüber hinaus erhielten manche Häuser Geld oder weitere Immobilien.
Die Abbildung zeigt Gademe, kleine, einfach gebaute Häuser. Einige Armenhäuser
besaßen Gademe, aus deren Vermietung sie Einkünfte bezogen.
Das vorhandene, nicht sofort benötigte Kapital wurde angelegt. So sicherten sich die
Armenhäuser regelmäßige Einkünfte. Eine unregelmäßige
Einnahmequelle hatten die Armenhäuser in vielen Zustiftungen und Schenkungen.
Auch die Armen selbst trugen zum Vermögen des Hauses bei. Sie waren verpflichtet,
eine Grundausstattung an Möbeln und Gebrauchsgegenständen mit in das
Armenhaus zu bringen und es der Armenhausgemeinschaft nach ihrem Tod zu hinterlassen.
Ihr (meist geringes) Vermögen war nicht vererbbar, sondern fiel an das Armenhaus.
Einige Armenhäuser betrieben Gartenbau oder sogar eine umfangreiche Landwirtschaft.
Die Erträge dienten entweder der Selbstversorgung oder wurden verkauft.
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Gründungsausstattung
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Gründungsurkunde des Armenhauses zum Busch, 1337
[Bildnachweis] |
Die Gründung eines Armenhauses bedurfte zunächst einmal einer
entsprechenden Immobilie. Darüber hinaus waren Einkünfte in Form
von Geld oder Naturalien notwendig, um die Versorgung der Bewohnerinnen und
Bewohner, die Entlohnung der Arbeitskräfte und sonstige Ausgaben zu
finanzieren. Die Gründungsausstattung variierte von Fall zu Fall erheblich,
je nach dem wie groß das zur Verfügung gestellte Vermögen war.
Als der Rat der Stadt Münster 1354 das Armenhaus zur Aa gründete,
konnte er auf die bereits existierenden Einnahmequellen der fünf kleinen
Armenhäuser zurückgreifen, die in der Neugründung aufgingen,
und musste nur ein neues Haus bereitstellen.
Das Armenhaus Jüdefeld wurde bei seiner Gründung mit einem
neuerrichteten Haus, zwei benachbarten kleinen Häusern sowie jährlichen
Renten (Einkünften) von 100 Goldgulden ausgestattet. Die großzügig
bemessene Summe sollte die Grundversorgung der Bewohnerinnen und Bewohner
sicherstellen. Deutlich schlechter war dagegen die Gründungsausstattung
des Armenhauses Prussen. Dessen Stifterin hatte ein Haus hinterlassen, das von
armen Frauen bewohnt werden sollte, und ein zweites Haus, dessen Mieteinnahmen
den Armen zugute kommen sollten. Die tägliche Versorgung der armen Frauen
war dadurch aber nicht ausreichend sichergestellt, so dass sie auf
Unterstützung von außen angewiesen waren.
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Kapitalanlagen
Die münsterschen Armenhäuser verfügten zum Teil über
ergiebige Einnahmequellen aus Miet- und Pachteinnahmen, Zustiftungen und
Vermächtnissen. Einen Teil des Geldes legten sie in Immobilien, einen weiteren
Teil in sogenannten Renten an. Dazu vergaben sie Kapital an eine Person
(den Rentenverkäufer oder Rentenschuldner), die sich im Gegenzug
verpflichtete, dem Armenhaus regelmäßig eine bestimmte Summe,
die Rente, zu bezahlen. Als Sicherheit setzte der Rentenverkäufer üblicherweise
sein Haus ein. Renten wurden in der Regel an einem oder zwei festgesetzten Terminen
im Jahr gezahlt. Die Zahlungsverpflichtung ging beim Tod des Rentenverkäufers
auf dessen Erben über. Verkaufte ein Rentenverkäufer sein Haus, hatte
der neue Besitzer die Verpflichtung zur Rentenzahlung zu übernehmen, da
eine Rente fest mit der Immobilie verbunden war, auf der sie lastete. Gegen die
Zahlung einer Rückkaufsumme konnte ein Rentenschuldner die Verpflichtung
zur Zahlung der Rente ablösen.
Das Rentengeschäft war also (wenn der Rentenschuldner regelmäßig zahlte)
ein vorteilhaftes Geschäft für die Armenhäuser. Sie konnten größere
Geldsummen gewinnbringend anlegen und sicherten dem Armenhaus dadurch
regelmäßige Einkünfte.
Aus den Verzeichnissen, die die Verwalter der Armenhäuser führten,
lässt sich erkennen, dass manche Renten tatsächlich über
lange Zeiträume gezahlt wurden. Manche Renten blieben aber, vor allem in
Kriegszeiten, aus, und die Armenhausverwalter mussten versuchen, die ausstehenden
Zahlungen, die sogenannten Restanten, einzutreiben.
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Schenkungen und Spenden
Besonders die kleineren und viele der neugegründeten Armenhäuser
waren auf Schenkungen und Spenden angewiesen, um die Versorgung ihrer
Bewohnerinnen und Bewohner sicherstellen zu können. Das Armenhaus
Speckpfründe Ludgeri beispielsweise verfügte weder über eine
eigene Landwirtschaft noch über Einnahmen aus der Vermietung von
Immobilien. Die jährlichen Einkünfte in Form von Renten reichten
nicht aus, Heizmaterial und alle notwendigen Lebensmittel zu kaufen. Auch das
Armenhaus Prussen konnte seinen Bedarf lange Zeit nicht aus eigener Kraft decken.
Seine Bewohnerinnen erhielten wiederholt Geld- und Naturalspenden aus dem
Almosenkorb Überwasser. Im Jahre 1579 beschloss der Rat, dass
die Frauen im Armenhaus Prussen täglich eine Mahlzeit aus dem
Magdalenenhospital erhalten sollten.
Viele münstersche Bürgerinnen und Bürger bedachten eines
oder mehrere Armenhäuser mit Vermächtnissen (Legaten). Sie
verfügten in ihren Testamenten, den Armen in bestimmten Häusern
eine meist kleine Geldsumme zu geben. Mechtelt Hesselinck beispielsweise
vermachte in ihrem Testament aus dem Jahre 1551 unter anderem je 10 Taler
an die Armenhäuser "up der berchstrate" (zur Aa), "by sunte johanse"
(bei St. Johannis), "by den budenturm" (Jüdefeld), "prussen hues" (Prussen),
"up sunte merttens kerchoff" (zum Busch).
In seltenen Fällen sollten die Armen Nahrungsmittel wie etwa Roggen erhalten.
Manche Erblasser vermachten Armenhäusern nicht nur kleinere Legate,
sondern hinterließen ihnen größere Geldsummen oder auch
Immobilien.
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Eingebrachte Werte der Armen
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Aufstellung über einen Nachlassverkauf, Titelblatt, 1770
[Bildnachweis] |
In einigen Hausordnungen heißt es, die Armen sollten "umb Goddes
willen" aufgenommen werden. Das bedeutet, ihre Aufnahme erfolgte ohne finanzielle
Gegenleistung. Allerdings waren sie in vielen Häusern verpflichtet, eine
Grundausstattung mitzubringen. Das Magdalenenhospital erwartete beispielsweise,
dass aufzunehmende Personen zwei Töpfe, einen Kessel, eine Kanne,
eine Kiste, einen Spind sowie ein Bett samt Decken, Kissen und Laken mitbrachten.
Verfügte eine arme Person weder über die erforderlichen Gegenstände
noch über Geld, um sie anzuschaffen, konnte sie auf Hilfe aus der offenen
Armenfürsorge hoffen. So bewilligte zum Beispiel 1569 der Almosenkorb
Aegidii einer Witwe eine Summe Geld, damit sie ein Bett für ihren blinden Sohn
kaufen konnte, den sie im Magdalenenhospital unterbringen wollte. Im 19. Jahrhundert
waren Arme in Münster ebenfalls noch verpflichtet, ein Bett samt Zubehör
sowie Kleidung mit in das Armenhaus zu bringen.
Die eingebrachte Grundausstattung stellte für die Armenhäuser in
doppelter Hinsicht einen Vermögenswert dar. Erstens entlastete die Eigenleistung
der Armen die Institutionen von der Anschaffung der benötigten Gegenstände.
Zweitens gingen die Habseligkeiten der Armen nach deren Tod in das Eigentum der
Armenhäuser über. Aus dem Armenhaus St. Johannis ist bekannt,
dass der Nachlass verkauft wurde. Vermutlich wurden nicht benötigte
Gegenstände auch in anderen Armenhäusern veräußert und
das Geld zum Wohl der Armen verwendet. Im Armenhaus Speckpfründe Ludgeri
kam wie in anderen Armenhäusern nach dem Tod einer Pfründnerin eine
Schätzerin in das Haus und taxierte die Hinterlassenschaft der Verstorbenen.
Die Kleider, Haushalts- und Einrichtungsgegenstände wurden dann ihrem
festgestellten Wert entsprechend öffentlich verkauft.
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Gartenbau, Landwirtschaft und Viehzucht
Einige Armenhäuser besaßen Gärten inner- oder außerhalb
der Stadt, die zum Anbau von Gemüse für die eigene Versorgung genutzt
wurden. Nur wenige Armenhäuser verfügten zudem über Ländereien,
die entweder an Bauern verpachtet waren oder durch eigene Kräfte bestellt wurden.
So verfügte etwa das Magdalenenhospital über eine Reihe von
Naturaleinkünften aus der Verpachtung seiner Ländereien. Die Bauern waren
verpflichtet, beispielsweise Getreide, Geflügel, Ferkel oder Kälber abzuliefern.
Überschüssige Produkte, die nicht im Armenhaus verbraucht werden konnten,
wurden verkauft. Die Nahrungsmittelproduktion wurde durch die eigene Bewirtschaftung
der Länderein, die nicht verpachtet waren, ergänzt.
Die Eigenwirtschaft spielte auch im Antoniushospital eine bedeutende Rolle. Der
Getreideanbau war so erfolgreich, dass regelmäßig Überschüsse
verkauft werden konnten. Das Antoniushospital besaß zudem verschiedene Nutztiere.
Ein Inventar aus dem Jahre 1644 verzeichnet 14 Kühe, 1 Ochsen, 4 Bullen, 3
"Stercke" (Rinder), 4 Kälber und 10 Milchkälber.
Für die Eigenwirtschaft wurden entlohnte Arbeitskräfte beschäftigt. Die
Armenhausbewohnerinnen und -bewohner waren zwar zur Mithilfe verpflichtet. Ihr Einsatz
war jedoch beschränkt, da sie häufig gebrechlich oder krank waren.
Landwirtschaft und Gartenbau waren für diejenigen Armenhäuser ein wichtiger
Wirtschaftsfaktor, die über den entsprechenden Bodenbesitz verfügten. Eine
Reihe der kleineren Häuser in Münster verfügte dagegen weder über
Ländereien noch über das nötige Kapitel, solche zu erwerben. Sie waren
daher auf andere Formen der Nahrungsbeschaffung angewiesen.
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