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Die Armen waren im Mittelalter Teil der Stadtgesellschaft. Sie wurden nicht ausgegrenzt
oder abgeschoben, sondern erhielten als Mitglieder der Gesellschaft eine regelrechte Aufgabe:
Die Verpflichtung zum täglichen Gebet für Stifter und Stifterinnen an den
unterschiedlichen Orten des Gedächtnisses und der Frömmigkeit, in Kapellen,
an den zahlreichen Altären der großen Kirchen - die ja immer auch auf Stiftungen
basierten -, in den Hospitälern (das waren zunächst Pilgerherbergen) und
Armenhäusern. Dafür waren sie Objekt der Fürsorge, die schon früh
geregelte Formen annahm. Das Hospital entwickelte sich nach 1300 zur zentralen Stätte
der städtischen Armenfürsorge. Neben diese anstaltliche Wohlfahrtspflege trat die
offene Fürsorge, womit die vielfältigen Formen des Gebens für Notleidende
und des Versorgens von Bedürftigen außerhalb der Hospitäler und
Armenhäuser gemeint sind.
Auch die offene Armenfürsorge unterlag dem Wandel der Zeit. Wenn bis 1200 die
Klöster die Versorgungsstellen für herumziehende Bettlerinnen und Bettler,
für durchreisende Pilgerinnen und Pilger und andere Hilfesuchenden gewesen sind,
so übernahmen im Spätmittelalter die gemischt bürgerlich-kirchlich organisierten
"Almosenkörbe" der Pfarrgemeinden zu einem erheblichen Teil die
offene Armenfürsorge. In der Neuzeit, insbesondere durch absolutistische
Regierungsmethoden aber auch aufklärerisches Gedankengut
("Fürsorgepflicht des Landsherrn") bedingt, nahm sich die Obrigkeit,
ob Bürgermeister und Rat oder Landesregierung, immer mehr direkt der Armenfürsorge
an, wobei Zentralisierung und Aufsicht durchaus wichtige Motive des Regierungshandelns waren.
In preußischer Zeit - in Münster nach 1800 - erlangte die öffentliche
Armenpflege durch weitere Bürokratisierung und Rationalisierung eine neue
Qualität. Die starke Zunahme der Zahl der Armen machte seit 1850 ehrenamtliches
Engagement und vor allem Vereinstätigkeit als begleitende Maßnahmen zur
staatlichen und kommunalen Armenfürsorge unverzichtbar. Die Kriegs- und
Nachkriegszeiten des 20. Jahrhunderts stellten außerordentliche Anforderungen
an die Armenpflege. Sie sollen hier außer Betracht bleiben. Im "sozialen
Rechtsstaat" der Bundesrepublik Deutschland währte es dann immerhin
bis 1960, bis ein umfassendes vereinheitlichendes Gesetz zur Regelung der sozialen
Not verabschiedet wurde, das Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
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