"Zwangsarbeit in Münster und Umgebung"  
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Nach 1945...
Zwischen Freiheit, erneuter Ausgrenzung und Entschädigung

Rückführung - DP-Lager - Delikte

Zwangsarbeiterin zur Not in der unmittelbaren Nachkriegszeit
Alexandra Teslenko erinnert sich:
» Ein paar Wochen lang versuchten wir, nirgendwo hinzugehen, wenn es nicht nötig war. Zu unserem Glück entdeckten wir auf der Bahnstation, sie lag 30 bis 40 Meter von unserem Bunker [in Hiltrup] entfernt, zwischen anderen einen Waggon, mit dem sich wahrscheinlich irgendein wichtiger Mensch evakuierte. Dort gab es ein wenig Lebensmittel: Mehl, Zucker, Reis, Grieß, Konserven - und ein paar Kleidungsstücke. Unsere Jungs nahmen das ganze und verteilten es unter uns: wem was passte. Nach zwei Wochen brachten uns die Amerikaner in ein großes Lager in Gremmendorf. «
Zwangsarbeiter zur Rückführung
Alexej A. Korenevskij:
» Am 2. April befreiten uns die amerikanischen Truppen. Drei Monate lang gab man uns ordentlich zu essen, dann übergab man uns an die Sowjetische Armee. Wir durften nicht nach Hause fahren, sondern mussten in der Ukraine beim Bergwerk Donbass arbeiten - als Repatriierte. «

DP-Ausweis

DP-Ausweis
(Foto: Stadtarchiv Münster; aus: Stadtarchiv Greven)

Russische Lagerschule in Gremmendorf, Juni-Aug. 1945

Russische Lagerschule in Gremmendorf, Juni-Aug. 1945
(Foto: Stadtarchiv Münster, aus: G. Schwarze, Gefangen in Münster, Münster 1999, S. 160)

Die deutschen Behörden überließen die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter während der allgemeinen Auflösungserscheinungen der Endphase des Krieges einfach ihrem Schicksal. Eine Versorgung und geordnete Rückführung der ausländischen Männer, Frauen und Kinder musste von den Besatzungsmächten erst organisiert werden. Sie wurden nun als "Displaced Persons" (DPs) bezeichnet und weiter in so genannten DP-Lagern untergebracht. Das ehemalige Zwangsarbeiter-Lager in Mecklenbeck etwa wurde zum DP-Lager umfunktioniert. Die Versorgung mit Lebensmitteln verbesserte sich allmählich für die Betroffenen. Im Gremmendorfer Lager richteten die Amerikaner eine Schule ein.

In der ersten Zeit nach Kriegsende kam es durchaus zu Übergriffen und Racheakten verstreut lebender ausländischer Arbeitskräfte. Vor allem auf dem Land rächten sich die ehemaligen Zwangsarbeiter für erlittene Brutalität. Auch für die Stadt Münster sind zahlreiche Bandenübergriffe, Raubüberfälle oder Vergewaltigungen zu verzeichnen.

Ziel der Alliierten war die schnelle Rückführung der Menschen in ihre Heimatländer. Mitte August 1945 begann die Repatriierung der sowjetrussischen Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter. Nach dem Abkommen von Jalta sollten alle Sowjetbürger in die Hände der Roten Armee gegeben werden. Bis März 1946 wurde auch der überwiegende Teil der Sowjets in ihre Heimat zurückgeführt. Für sie bedeutete das Kriegsende jedoch nicht unbedingt auch das Ende ihrer oft jahrelangen Leidenszeit. Häufig gerieten sie nach ihrer Rückkehr in die Sowjetunion ins Blickfeld des stalinistischen Verfolgungsapparats. Sie galten, weil sie den Deutschen lebend in die Hände gefallen waren, als "Volksverräter" oder wurden generell der Kollaboration verdächtigt.

Ein Teil der ehemaligen sowjetischen Zwangsarbeiter zog sogar ein Verbleiben in Deutschland vor. Auch ein unerheblicher Teil der Polen blieb in den DP-Lagern der Alliierten in Mecklenbeck oder Hiltrup, da sie in ihrer Heimat keine Perspektiven sahen.

1950 wurden die vier münsterischen DP-Lager an das NRW-Sozialministerium übergeben. Dort lebten noch immer ca. 4.000 Personen.

Schreiben belegt den Beginn der Rückführung von Zwangsarbeitern
Schreiben belegt den Beginn der Rückführung von Zwangsarbeitern
(Foto: Stadtarchiv Münster)

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