|
Aufnahmebedingungen
Verstöße und Strafen
|
Hausordnung des Armenhauses Jüdefeld, um 1560
[Bildnachweis] |
Die Hausordnungen legten die Regeln fest, denen die Bewohnerinnen und Bewohner
der Armenhäuser zu folgen hatten, und bestimmten Strafen für
Verstöße gegen die Bestimmungen. Sobald eine neue Person in die
Gemeinschaft aufgenommen worden war, wurde die Hausordnung im Beisein aller
Bewohnerinnen und Bewohner vorgelesen. Der Neuling musste geloben,
nachdem er über die Regeln informiert worden war, dass er sie einhalten
werde. Noch im 19. Jahrhundert wurde Neulingen die Hausordnung verlesen.
Zusätzlich hing eine Abschrift der Bestimmungen in den Gemeinschaftsräumen.
Die Hausordnungen sind nicht in allen Punkten identisch, behandeln jedoch dieselben
vier Kernthemen.
- Sie enthalten Anweisungen, die das friedliche Zusammenleben der
Armen garantieren sollten.
- Sie regelten das religiöse Leben, indem sie Art und
Umfang der täglich zu leistenden Gebete und Gottesdienstbesuche festlegten.
- Sie setzten Strafen für das Vergehen gegen die Bestimmungen der Hausordnung fest.
- Sie sicherten dem jeweiligen Armenhaus das sogenannte Anfallsrecht: Arme waren
verpflichtet, dem Armenhaus ihren Besitz zu vererben.
Neben diesen vier Punkten enthalten manche Hausordnungen Angaben zu Art und Anzahl
der aufzunehmenden Personen. Die Hausordnung des Leprosoriums Kinderhaus enthielt
zudem Vorschriften, die auf die strenge Isolierung der Kranken ausgerichtet waren. So
mussten sie beispielsweise eigenes Ess- und Trinkgeschirr mitbringen und
durften in der Küche keine Gegenstände berühren, die von Gesunden
benutzt wurden. Im Gottesdienst mussten die Leprosen auf eigenen Stühlen
und getrennt von den Gesunden sitzen.
Die Hausordnungen geben die Vorstellungen von einem geordneten und friedlichen
Zusammenleben der Armen wieder. Sie sagen aber nichts über die tatsächlichen
Zustände in den Armenhäusern aus.
|
|
|
Aufnahmebedingungen
|
Ratsbeschluss über Bedingungen der Aufnahme in Armenhäuser
[Bildnachweis] |
Nicht jede arme Person in Münster konnte mit der Aufnahme in einem der
Armenhäuser rechnen. Die Anzahl der vorhandenen Plätze war begrenzt.
Deshalb mussten die eintrittswilligen Armen bestimmten Kriterien genügen.
Die beiden Zwölfmännerhäuser nahmen ausschließlich ehemalige
Bedienstete des Domkapitels bzw. alte Eigenhörige der Höfe des Domkapitels
auf. Das Leprosorium Kinderhaus verlangte ein Zeugnis des Kölner Leprosenhauses
oder der Kölner Universität, welches eine Lepraerkrankung bescheinigte.
In der Regel beschränkten die Armenhäuser den Zugang auf Personen, die
das Bürgerrecht der Stadt Münster seit mindestens drei Jahren besaßen.
In den Statuten der Armenhäuser zur Aa und Jüdefeld heißt es, die
Armen seien "umb gods willen" aufzunehmen. Aus dem Armenhaus Jüdefeld ist
bekannt, dass entgegen dieser Bestimmung einige Personen eine Summe Geld
für ihre Aufnahme bezahlten. Der Verkauf einer "Pfründe"
(des Rechts auf Unterbringung und Versorgung) war auch im Magdalenenhospital
üblich. Dort wurde etwa ein Drittel der vorhandenen Plätze verkauft. Mit
dem Erwerb einer sogenannten Oberpfründe sicherten sich ältere, nicht
ganz unvermögende Personen bessere Wohnkammern und eine reichhaltigere
Verpflegung.
Eine weitere Aufnahmebedingung verpflichtete die Armen, eine Grundausstattung an
Mobiliar, Gebrauchsgegenständen und Kleidung mitzubringen. Bei ihrem Eintritt
in die Gemeinschaft mussten sie dem Haus das Anfallsrecht zusichern, dass das
Armenhaus zum Erben aller hinterlassenen Habseligkeiten und Vermögenswerte
bestimmte.
|
|
|
Verstöße und Strafen
|
Hausordnung des Armenhauses Bischoping, um 1573
[Bildnachweis] |
Die Hausordnungen setzten Strafen fest, die im Falle von Regelverletzungen von
den Provisoren (Verwaltern) verhängt werden sollten. Die Strafen bestanden
durchweg im Entzug der Pfründe, also der Verpflegung und Unterkunft. Je nach
Schwere des Verstoßes waren die Provisoren berechtigt, die Pfründe
für wenige Tage, mehrere Wochen oder auch Monate zu entziehen. Die
schwerste Strafe bestand im endgültigen Verweis aus dem Haus. Sie war
beispielsweise im Leprosorium Kinderhaus zu verhängen, wenn ein Leprose
Teile seines Eigentums verkaufte und es auf diese Weise der Einrichtung entzog.
Auch im 19. Jahrhundert bestand die Strafe für wiederholte Verstöße
gegen die Hausordnung in der Ausweisung aus dem Armenhaus. Die zuständige
Instanz war jetzt allerdings die Armenkommission.
In der Überlieferung finden sich nur selten Hinweise auf alltägliche
Lebensrealitäten und Verstöße gegen Vorschriften. Wir wissen
deshalb im Allgemeinen nicht, ob das Zusammenleben der Bewohnerinnen und
Bewohner den jeweiligen Vorschriften entsprach oder nicht.
|
|