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Trägerschaft
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Rat
Kirchspiel
Kombinierte Trägerschaft
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Das kleine Stadtsiegel an einer Urkunde für das Leprosorium Kinderhaus, 1619
[Bildnachweis] |
Armenhäuser wurden in Münster von Privatpersonen, vom
Stadtrat, von den Bürgern einer Pfarrgemeinde (Kirchspiel) oder von
Geistlichen gegründet. Während die Gründungen von
Rat und Kirchspiel in deren Trägerschaft verblieben, übertrugen
private Stifter die Verantwortung für ihre Stiftungen entweder einem
einzigen Träger (Rat oder Kirchspiel) oder mehreren Trägern
(z. B. Familie und Kirchspiel). Die jeweiligen Träger der Armenhäuser
waren die Garanten dafür, dass die Institutionen ihren Auftrag, die
Bedürftigen zu unterstützen, wahrnahmen und die Kapitalien
zweckmäßig verwalteten und einsetzten. Ihre wichtigste
Funktion war die langfristige Sicherung des Stiftungszwecks. Die
jeweiligen Träger behielten sich zwar die Entscheidungsbefugnis
in wichtigen Angelegenheiten vor, übertrugen die eigentlichen
Leitungs- und Verwaltungsaufgaben jedoch an die Provisoren und
Amtmänner. Aber die Träger kontrollierten die Tätigkeit
der Provisoren und Amtmänner in regelmäßigen oder unregelmäßigen
Abständen.
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Rat
Für einen großen Teil der Armenhäuser war der
Rat der Stadt als Träger der Einrichtungen verantwortlich. Seine
Verantwortung zeigte sich am deutlichsten darin, dass er das
notwendige Personal für seine Häuser einstellte und die
Kontrolle über die Finanzen ausübte.
Der Rat griff nur selten in die alltägliche Verwaltung der Armenhäuser ein. An einigen Beispielen
lässt sich jedoch erkennen, dass er sich als Träger
der Institutionen wichtige Entscheidungen vorbehielt. So erließ
er Zahlungsaufforderungen für säumige
Rentenschuldner oder entschied, einem Schuldner seine Schulden
zu erlassen. Der Stadtrat war der Grundherr der Ländereien, die
das Magdalenenhospital, das Antoniushospital oder Kinderhaus
besaßen. In dieser Eigenschaft hatte er die letzte Entscheidungsgewalt
in allen Fragen, die mit der Nutzung seines Eigentums zusammenhingen.
Darüber hinaus bildete der Rat die letzte Strafinstanz für
alle Bewohnerinnen und Bewohner der ihm unterstehenden Armenhäuser.
Im Magdalenenhospital hatte der Rat sich zeitweise vorbehalten,
über den Verkauf der Oberpfründen selbst zu entscheiden.
Er gab diese Befugnis jedoch schon nach wenigen Jahren an die
Provisoren zurück.
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Kirchspiel
Münster war in sechs Kirchspiele aufgeteilt, die auf der
Abbildung zu sehen sind. Die Kirchspiele bildeten Bezirke, in denen
die Bürger unter anderem Verwaltungsaufgaben in der
Armenfürsorge wahrnahmen. Die Kirchspielsträgerschaft
war keine kirchliche, sondern eine bürgerschaftliche Erscheinung.
Die einem Kirchspiel angehörenden Bürger wählten
regelmäßig Vertreter aus ihrer Mitte, die den Kirchenrat
bildeten. Diesem unterstand unter anderem die Verwaltung der
kirchspielseigenen Fonds für die Armen des Kirchspiels
(Almosenkorb) und in einzelnen Kirchspielen auch die der Armenhäuser
(etwa das Armenhaus zum Busch im Kirchspiel Martini oder das Armenhaus
Speckpfründe Ludgeri im Kirchspiel Ludgeri). Die Kirchspiele nahmen
mit der Armenhausverwaltung Aufgaben zum Wohl der gesamten Stadt wahr.
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Kombinierte Trägerschaft
Das Armenhaus Jüdefeld wurde seit seiner Gründung 1542
von der Äbtissin des Überwasserklosters und der Familie
des Stifters gemeinsam getragen.
Ähnlich setzte Johan Grotegese 1587 das Kirchspiel Aegidii und als
Vertreter der Familie den jeweils ältesten Nachkommen in die
Trägerschaft des von ihm gegründeten Armenhauses ein.
Im Fall des Aussterbens der Familie sollte die Aufsicht allein vom
Kirchspiel wahrgenommen werden. Anne van Langen, Stifterin des
Armenhauses Bischopinck, übergab ihre Stiftung 1573 in die
Verantwortung der Familie und des Stadtrates.
Die Gründe, die die Stifterinnen und Stifter bewogen, ihre Stiftung
unter eine kombinierte Trägerschaft zu stellen, werden in den Quellen
nicht kundgetan. Der Grund, nicht allein die Familie zu betrauen, sondern
das Kirchspiel oder den Rat hinzuzuziehen, lag wohl in der Sicherung der
Kontinuität von Aufsicht und Verwaltung. Dieses Motiv kommt
in der Urkunde Johan Grotegeses zum Ausdruck, der das Kirchspiel zum
alleinigen Träger bestimmte, falls seine Familie aussterben sollte.
Der ewige Fortbestand einer Familie war nicht garantiert. Hingegen
erschienen der Rat oder das Kirchspiel als Garanten für die Sicherung
des Stiftungszwecks, da sie als Institutionen unabhängig von den
Personen waren.
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