Stadt Münster: Die Ausgrabungen auf dem Parkplatz an der Stubengasse 1997 bis 1999

Zwischen Clemenskirche und Klarissenkloster

Die Ausgrabungen auf dem Parkplatz an der Stubengasse 1997 bis 1999

Seiteninhalt

Von Paradieskörnern und Portulak

Pflanzenreste aus Brunnen und Kloaken

Ralf Urz

Kapitelnavigation

Seitentext

Im Brunnen konserviert

Die archäobotanische Geschichte beginnt mit dem Holzkastenbrunnen aus der Zeit um 1200. Der Brunnen gehörte vermutlich zu einem Gehöft auf dem Gelände des Eschhues. Der Hof lag bereits innerhalb der Stadt, deren umfassende Mauern sich zu dieser Zeit gerade im Bau befanden. Die spätere Stubengasse war wohl eher noch ein Feldweg.

Nach Aufgabe des Brunnens verfüllte man ihn mit Abfällen und Bodenmaterial der Umgebung; darunter befanden sich auch zahlreiche Pflanzenreste. Besonders viele Früchte und Samen von der Kleinen und der Großen Brennnessel, der Vogelmiere, der Stinkenden Hundskamille, vom Weißen Gänsefuß und von der Gewöhnlichen Gänsedistel bezeugen stickstoffreiche Stellen in Gärten, auf Hackfruchtäckern oder allgemein im Umfeld menschlicher Siedlungen. Eine solche, vom Menschen stark gestörte Vegetation muss man sich um den Brunnen herum vorstellen. In einem nahen Garten wurden wohl Sellerie, Kohl und Portulak gezogen, die im Haushalt als Gewürze, Gemüse oder Salat Verwendung fanden. Auch die Samen von Schlafmohn und Lein wurden als Gewürze genutzt oder gaben ein wertvolles Pflanzenöl.

Von den Getreidefeldern gelangten mit dem Erntegut zahlreiche Wildkräuter auf den Hof. So weisen Früchte und Samen der rot blühenden Kornrade, der blauen Kornblume, des roten Acker-Gauchheil, der weißen Acker-Hundskamille und des roten Sandmohn auf die bunten, wildpflanzenreichen Getreidefelder der Umgebung hin. Ihr Vorkommen in den Brunnenschichten legt nahe, dass wir es mit einem landwirtschaftlichen Anwesen innerhalb der entstehenden Stadtmauer zu tun haben. Über die angebauten Getreidearten können wir nichts sagen, da botanische Reste fehlen; ihre kohlenhydrat reichen Früchte bleiben nur selten in unverkohltem Zustand erhalten.

Dass sich in der Nähe des Hofes ein Wassergraben befand, belegen Pflanzen offener Wasserflächen und des gewässerbegleitenden Röhrichts wie die Wasserlinse, der Froschlöffel und die Sumpfbinse. Hier wuchsen vermutlich auch die Pionierpflanzen feuchter Ufer, dazu gehören der Ampferknöterich, der Gifthahnenfuß und die Gewöhnliche Sumpfkresse.


Impressum