Stadt Münster: Die Ausgrabungen auf dem Parkplatz an der Stubengasse 1997 bis 1999

Zwischen Clemenskirche und Klarissenkloster

Die Ausgrabungen auf dem Parkplatz an der Stubengasse 1997 bis 1999

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Topf Trends im Mittelalter

Mathias Austermann

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Die Anfänge: vom Ende des 12. bis zum 14. Jahrhundert

Pingsdorfer Keramik

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Nähme man nur die heimischen Gefäße aus Keramik zum Maßstab, so müsste die Zeit des hohen Mittelalters ausgesprochen eintönig gewesen sein. Nahezu unverzierte, graubraune Gefäße mit einfachen Randausbildungen und kugeligem Boden waren bis weit in das 12. Jahrhundert hinein fast der einzige keramische Besitz eines normalen Haushaltes in Westfalen. Zuweilen wurden Ausgusstüllen am Gefäßkörper angebracht, meist waren es aber mit weit ausladenden Rändern ausgestattete "Kugeltöpfe", also Kochgefäße, die in den Grabungen zu finden sind. Sie waren bestens dazu geeignet, in der Glut einer offenen Feuerstelle platziert zu werden. Diese recht grobe, handgemachte Keramik (Fachterminus: uneinheitlich gebrannte Irdenware) ist in Westfalen seit dem 10. Jahrhundert geläufig. Sie tritt noch bis in das 13. Jahrhundert hinein auf und war auch an der Stubengasse in den ältesten Siedlungsschichten vorhanden.

Bedingt durch die relative Nähe Münsters zum Rheinland ist aber auch mit dem nicht nur sporadischen "Import" qualitätsvoller Keramik aus den rheinischen Töpfereizentren um Köln und Bonn zu rechnen. Diese Werkstätten stellten um 1200 bereits einige Jahrhunderte lang sowohl technisch hochwertigeres, als auch optisch ansprechenderes Geschirr her. Die Töpferöfen im Umfeld von Pingsdorf bei Bonn sind dabei namengebend für dünnwandige, Gefäße mit rot-bräunlicher Bemalung geworden, die hier seit dem 10. Jahrhundert in großer Menge produziert wurden.

Glasierte Bodenfliese

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Im ausgehenden 12. Jahrhundert veränderte sich das Formenspektrum nicht nur der rheinischen Töpfereien grundlegend. Die Zahl der Gefäßformen erhöhte sich, auch die Qualität der Keramik selbst (der "Scherben") wurde kontinuierlich verbessert. Vor 1200 gelang im rheinischen Siegburg die Produktion fast wasserdichter Gefäße. Damit war aber auch die Zeit der Gefäße "Pingsdorfer Machart" vorbei. Um 1200 wurde ihre Produktion aufgegeben.

Hätte es an der Stubengasse vor dem 13. Jahrhundert eine umfangreichere Besiedlung gegeben, müsste deshalb ein deutlicher Anteil Pingsdorfer Keramik vorhanden sein. Dem ist aber nicht so: Gerade zwei Fragmente, noch dazu aus verschiedenen Gefäßkörpern und ohne Hinweis auf ihre ehemalige Gefäßform, fanden sich unter den fast 25.000 Funden. Die hochmodernen Siegburger Produkte (Fachterminus: steinzeugartig hart gebrannte Irdenwaren) waren dagegen auch in den ältesten Befunden vorhanden: ein sicherer Hinweis auf den Beginn der Besiedlung an der Stubengasse in der zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts. Vermutlich wurden diese ebenso wie die wenigen kleinen Gefäße aus der noch recht kostbaren, bleiglasierter Irdenware, die man aus Nordfrankreich, Belgien oder den südlichen Niederlanden bezog, auf dem münsterschen Markt angeboten.

Insgesamt gehören allerdings nur wenige Keramikfragmente in das ausgehende 12. und den Beginn des 13. Jahrhunderts. Allzu groß kann die ursprüngliche Keramikmenge und damit einhergehend auch der Umfang der Besiedlung nicht gewesen sein, zumal sich weitere dingliche Reste dieser Zeit ebenfalls nur selten finden ließen. Hervorzuheben ist ein kleiner Würfel aus Knochen. Zwei weitere Funde, der Knauf eines Scheibenknaufschwertes sowie das Fragment einer glasierten Bodenfliese, stammen aus mehrfach umgelagerten Siedlungsschichten. Sie können zwar keinem Gebäude mehr sicher zugeordnet werden, sind aber wahrscheinlich ebenfalls im 13. Jahrhundert an die Stubengasse gelangt.


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