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Flüchtlinge im Fokus — Die Beratung bei der GGUA

Janis im Gespräch mit Volker Maria Hügel und Ulrike Löw von der GGUA Flüchtlingshilfe (Foto: Ingrid Fisch)

„Gibt es Fristen, die beachtet werden müssen?“ und „Inwieweit ist der Aufenthalt bedroht?“, seien oft die ersten Fragen an Hilfesuchende, erklärt Volker Maria Hügel über die Arbeit der Gemeinnützigen Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V., kurz GGUA Flüchtlingshilfe genannt. Erst, wenn dies geklärt sei, widme sich das Team der eigentlichen Beratung. Die Räume der GGUA befinden sich in der Südstraße 46. Mit seiner Kollegin Ulrike Löw beantwortete er dort kompetent die vielen Fragen, die Janis ihnen stellte.

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Begleiten, nicht Betreuen

Auf Augenhöhe mit Flüchtlingen zu arbeiten, ist aufwändig. Aber auf Dauer erfolgreich, wie Volker Maria Hügel und Dr. Ulrike Löw von der GGUA Flüchtlingshilfe (Gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung Asylsuchender e.V.) wissen. Janis, 14 Jahre alt, sprach am 1. Juli 2008 mit den beiden Fachleuten in ihren Büroräumen.

O-Ton: Über das Asylverfahren & die Einzelfallberatung der GGUA (2:20)

Vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben. Würden Sie bitte zunächst kurz etwas zu Ihrer Arbeit erzählen?
Löw: Man kann unsere Arbeit unterteilen in den Kernbereich Flüchtlingsberatung und Aufklärung sowie Integrationsarbeit.
Hügel: Immer wieder auch verbunden mit der Öffentlichkeitsarbeit. Also reine Lobbyarbeit.

GGUA-Schild, 1980er Jahre (Quelle: GGUA) Seit wann existiert die GGUA Flüchtlingshilfe?
Hügel: Uns gibt es seit dem 6. April 1979.
Löw: Das heißt im kommenden Jahr feiern wir 30-jähriges Bestehen.
Hügel: Entstanden ist die GGUA aus der Notwendigkeit, etwas anzubieten, das über städtische Sozialarbeit hinausging. Es gab bei der Stadt Münster zwei Sozialarbeiter, die sich darum kümmerten, aber im Wesentlichen zuständig waren für die Wohnheime und für das, was dort anfiel an Organisation, an Problemen. Es gab keinerlei Beratungsangebote für den Bereich Asylverfahren und Aufenthaltssicherung. Damals waren sämtliche integrativen Angebote verboten. Wir mussten diese als „Orientierungsangebot“ verkaufen, denn Integration war nicht gewollt.

Wie sieht Ihre Beratungstätigkeit konkret aus?
Löw: Zum einen bieten wir hier in Münster eine ausführliche Einzelfallberatung für Flüchtlinge an. Und wir haben eine Erstberatung bzw. Verfahrensberatung in unserer Außenstelle Schöppingen.

Das GGUA-Team der 1990er Jahre (Quelle: GGUA) Was genau machen Sie in Schöppingen?
Hügel: Wir betreuen dort Menschen in der Zentralen Unterbringungs-Einrichtung (kurz: ZUE). Da geht es um Menschen, die gerade angekommen sind und einen Asylantrag stellen. Zwei Bereiche sind dort von besonderer Bedeutung. Zum einem: Zu schauen, ob es besonders schutzbedürftige Personen gibt, z.B. unbegleitete Minderjährige oder schwangere Frauen oder auch Frauen mit kleinen Kindern, oder Traumatisierte.

Der zweite Bereich ist die klassische Verfahrensberatung: Zu klären, worauf es im Asylverfahren ankommt. Wir bereiten die Menschen z.B. auf eine Anhörung vor. Sie bleiben bis maximal drei Monate in dieser Gemeinschaftsunterkunft und werden dann auf die Kommunen verwiesen. Das heißt, wir haben alle drei Monate eine komplett neue Klientel. Was sehr anstrengend ist.

Welche Angebote gibt es bei der GGUA Flüchtlingshilfe in Münster?
Hügel: Hier ist sozusagen die stationäre Einheit. Wir haben es oft mit Dauerbesuch zu tun. Mit Menschen, die schon viele Jahre zu uns kommen. Und in der Beratung sind in der Regel drei Sachen von Bedeutung. Zum einem am Anfang die Frage: „Kann ich einen Schutzstatus bekommen?“ oder „Werde ich als Flüchtling anerkannt?“ Die nächste Frage lautet: „Was möchte ich aufenthaltsrechtlich erreichen? Wie kann ich es erreichen, hier bleiben zu dürfen?“ Hierzu bieten wir eine Perspektivenberatung an inklusive des Themas Aufenthaltssicherung.

Die Räume der GGUA in der Grevener Straße, 1990er Jahre (Quelle: GGUA) Wenn der Schutzstatus nicht gewährt wird, klären wir: „Gibt es noch Rechtsmittel, damit der Flüchtling trotzdem hier bleiben kann?“ Wenn das aussichtslos ist, muss geschaut werden, welche Möglichkeiten es sonst noch gibt. „Kann ich gefahrlos zurückkehren oder möchte ich weiterwandern oder möchte ich auf jeden Fall hier bleiben?“ Im schlimmsten Fall heißt das: Untertauchen.

Das ist vom Aufwand her der schwierigste Bereich. Um auszuloten, ob in der Person, in der Familie noch eine Chance zu bleiben besteht, das erfordert sehr viel Recherchearbeit. Also auch tief in die persönlichen Schicksale einzusteigen. Und gerade der Bereich Untertauchen und in die Illegalität zu gehen, ist in vielen Kommunen Realität. Wenn es darauf hinausläuft, ist es für uns als Beratungsstelle auch immer wichtig zu schauen, an welchen Stellen können wir überhaupt noch unterstützen. Es gibt keine Handhabe, die die Ausländerbehörde besitzt, um solche Probleme zu lösen.

Der dritte Aspekt, bei dem großer Beratungsbedarf besteht, ist der Bereich der sozialen Rechte bis hin zu Fragen: „Kann ich einen Arbeitsplatz bekommen, der meinen Lebensunterhalt sichert?“, „Darf ich eine Ausbildung machen?“, „Darf ich eine entsprechende Schulausbildung machen?“, „Welchen Anspruch auf Leistungen habe ich?“

Welchen Status muss man haben, um das machen zu dürfen?
Hügel: Das ist eine sehr gute Frage. Und eine schwierige Frage. Denn im Prinzip kann ich mit jedem den Aufenthalt regelnden Papier eine Ausbildung machen. Aber es gibt Einschränkungen: Es gibt nach wie vor Arbeitsverbote, z.B. im ersten Jahr des Asylverfahrens oder im ersten Jahr der Duldung.
Löw: Ein Geduldeter ist jemand, der nicht als Flüchtling anerkannt ist und eigentlich abgeschoben werden soll, bei dem das aus verschiedensten Gründen zur Zeit jedoch nicht möglich ist. Das heißt, er bleibt erst einmal hier, ist geduldet, muss aber jederzeit damit rechnen, doch noch abgeschoben zu werden. Hier spricht man auch von einem „schwachen Aufenthalt“.
Hügel: Genau, und für diejenigen, die einen solchen „schwachen Aufenthalt“ haben, gilt häufig die so genannte „Vorrangprüfung“.
Löw: Das musst Du, glaube ich, jetzt erklären.
Hügel: Mach ich auch. Die Agentur für Arbeit entscheidet, ob sie die Zustimmung für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit gibt. Und „Vorrangprüfung“ bedeutet, die Agentur für Arbeit muss prüfen, ob erst ein Deutscher oder ein EU-Bürger oder ein sonstiger bevorrechtigter nicht deutscher Arbeitnehmer diese Stelle bekommen kann. Sagen alle, „Nee, den Job will ich nicht!“, dann darf derjenige mit dem schwachen Aufenthalt ihn annehmen. Dazu kommt, dass im Rahmen eines schwachen Aufenthalts auch die sozialen Leistungen unterhalb des Existenzminimums liegen. Mehr als 30 Prozent unterhalb des Harz IV-Satzes sind die Leistungen, die nach dem so genannten Asylbewerberleistungsgesetz gewährt werden. Für einen Haushaltsvorstand 225 Euro im Monat.

Titelseite, Infoheft 1994 (Quelle: GGUA) Welche Angebote bieten Sie über die Flüchtlingsberatung hinaus an?
Hügel: Da gibt es noch das Projekt „Berater für Berater“. D.h. Menschen, die in Beratungsstellen arbeiten, können sich an uns wenden, die Fälle schildern, fragen, ob wir noch Lösungen wissen. Mein Kollege und ich machen auch bundesweit Seminare zum Asyl- und Ausländerrecht.
Löw: Außerdem leisten wir auch Integrationsarbeit. Das älteste Angebot in dieser Hinsicht ist unser TIB-Café, das es seit 1992 gibt. TIB steht für „Treffpunkt Information und Beratung“. Dort bekommen Arbeits- und Wohnungssuchende die aktuellen Angebote. Wir gehen sie mit den Ratsuchenden durch und helfen auch beim Schreiben von Bewerbungen.
Hügel: Dieses Angebot ist deshalb auch so wichtig, weil vielfach die Frage des Daueraufenthalts an der Lebensunterhaltsicherung hängt. Und die ist in Deutschland nur durch Erwerbstätigkeit möglich. Nur mit Arbeit habe ich als Ausländer die Chance, eingebürgert zu werden.

Ich hatte auf Ihrer Internetseite einen Hinweis auf Angebote für Jugendliche gesehen.
Löw: Genau. Da haben wir zum Beispiel das Schlauberger-Schulprojekt, in dem wir Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund schulisch betreuen. Das machen wir mit drei Schulen. Der Melanchthonschule, der Albert-Schweitzer-Schule und der Michaelschule. An weiteren Schulen betreuen wir einzelne Schüler. Es sind inzwischen 75 Jungen und Mädchen und 100 Ehrenamtliche, die regelmäßig, d.h. ein bis zwei Mal die Woche, diese Kinder in den Schulen direkt betreuen. Sie werden von einem pensionierten Grundschullehrer und einer Lerntherapeutin begleitet. Darüber hinaus haben wir noch eine Betreuung in der Flüchtlingsunterkunft an der Warendorfer Straße. Dort betreuen wir Roma-Kinder, die aus der Nachmittagsbetreuung gefallen sind, weil sie jetzt weiterführende Schulen erreicht haben.

Das Schlauberger-Projekt läuft jetzt seit drei Jahren sehr erfolgreich. Zum einem in Bezug auf die Zahl der Ehrenamtlichen, die stetig gestiegen ist. Und wir erreichen auch etwas: Von 52 Kindern, die im vergangenen Halbjahr akut versetzungsgefährdet waren, haben 49 die Versetzung geschafft. Außerdem haben einige Kinder, die fast automatisch auf eine Förderschule geschickt worden wären, es auf eine Haupt- bzw. Realschule geschafft. Wir erleben — und das ist ja auch nachgewiesen —, dass Migrantenkinder nicht dümmer sind als Deutsche, nur eben unter erschwerten Bedingungen lernen müssen.

Gibt es weitere Angebote?
Löw: Wir haben da noch ein umfangreiches Projekt, das heißt „Integration begleiten!“ Es wird für drei Jahre vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge finanziell gefördert. Neben dem TIB-Café und dem Schlauberger Schulprojekt finden dort auch Familienpatenschaften zwischen Einheimischen und Migranten statt. Wir leisten außerdem Jugendarbeit, sind inzwischen auch als freier Träger der Jugendhilfe anerkannt. Eines unserer Jugendprojekte ist das HipHop-Projekt „Krumping“. Das ist eine spezielle Form des HipHop aus Los Angeles. Jugendliche mit und ohne Migrationshintergrund können hier mitmachen. Einige geben mittlerweile das Erlernte an andere weiter. Das ist das Prinzip von „Integration begleiten!“: Migranten ins Ehrenamt zu bringen und aktiv sich einbringen zu lassen.

Wird Ihre Arbeit von der Öffentlichkeit anerkannt?
Löw: Ja. Dafür, dass wir Menschen von ihrer Ankunft bis zur Integration begleiten, sind wir erst in diesem Sommer von der Stadt Münster mit dem entwicklungspolitischen Nord-Süd-Preis ausgezeichnet worden.

Haben Sie Kontakt zu anderen Einrichtungen?
Hügel: Unbedingt. Wir sind sowohl auf kommunaler Ebene wie auf Landes- und Bundesebene gut vernetzt. Für uns ist es auch sehr wichtig, dass wir in Münster einen Ausländerbeirat haben, der nicht das Flüchtlingsthema ausklammert. Wir suchen außerdem auch den fachlichen Austausch mit der Verwaltung, z.B. dem Amt für Ausländerangelegenheiten.

Der Eingang der GGUA-Flüchtlingshilfe (Foto: Ingrid Fisch) Gibt es Probleme, die man zunächst nicht vor Augen hat?
Hügel: Flüchtlinge und Einwanderer tauchen in allen Beratungsbereichen auf, in denen soziale Fragen eine Rolle spielen. Angefangen von der Nichtsesshaftenhilfe über die Sozialhilfeberatung und das Frauenhaus. Die Mitarbeiter dort wissen zwar, wie sie auf psychosozialer Ebene mit ihrer Klientel umgehen müssen, aber was sie ausländerrechtlich tun müssen, das wissen sie oft nicht. Die fragen sich dann vielleicht: „Darf dieser Geduldete sich frei bewegen? Seine Verwandten in Osnabrück besuchen oder so?“ — „Nein, darf er nicht“, lautet die Antwort. Es gibt eine Residenzpflicht, d.h., Bereiche, die Menschen mit einem bestimmten Aufenthaltsstatus nicht verlassen dürfen. Die kann sich auf eine Stadt beziehen, die kann sich auf ein Bundesland beziehen. Und da arbeiten wir Hand in Hand und klären auch andere Beratungsstellen auf.

Manchmal gibt es Probleme, bei denen man sich gar nicht vorstellen kann, dass es eines ist. Da kommt jemand aus dem Land A und hat sein Abiturzeugnis mit und möchte hier studieren. Dann erfährt er vom Regierungspräsidium Köln: Das wird leider nicht anerkannt. Er muss also das Abitur nachmachen.

Oder auch Sorgerechtsentscheidungen. Manchmal ist es so, dass ein Aufenthalt voraussetzt, dass ich allein sorgeberechtigt bin. Aber es gibt Herkunftsländer, in denen gibt es das alleinige Sorgerecht nicht. Oder da ist der Vater automatisch der Sorgeberechtigte, nicht aber die Frau. Hier ist das ausländerrechtliche Know-how gefragt.

Wenn man anfängt, sich mit den Einzelschicksalen zu beschäftigen, treten noch ganz andere Probleme zutage, die von den Betroffenen vielleicht verdrängt wurden. Jemand, der traumatisiert ist, kümmert sich wahrscheinlich nicht um einen Abschiebungsbeschluss, den er sowieso nicht lesen kann. Der so kompliziert verfasst ist, dass er nicht versteht, was da vor sich geht. Das kann dann dramatische Folgen haben.

Können Sie bitte ein Beispiel nennen?
Hügel: Ich will ein ganz klassisches Beispiel nennen: Abschiebung ist für die Ausländerbehörde ein Muss, wenn der Geduldete nicht freiwillig ausreist, aber — nach Ansicht der Behörde - ausreisen könnte. Die Behörde braucht also einen guten Grund, wenn sie die Abschiebung im konkreten Einzelfall nicht durchführen will.

Jetzt nehmen wir den Fall, dass jemand zu uns in die Beratung kommt und wir haben den Eindruck, dass da eine schwere Traumatisierung vorliegt, die ein Abschiebehindernis darstellen könnte. Diese Traumatisierung ist aber bislang von der Ausländerbehörde nicht offiziell anerkannt worden. D.h., nach Aktenlage müssen sie abschieben. Es dauert Monate, bis ein gerichtsverwertbares Gutachten vorliegt. Wir müssen diese Zeit bei der Ausländerbehörde herausschinden, damit der Flüchtling nicht abgeschoben wird, bevor das Gutachten erstellt ist. Das ist ein Dilemma.

Wenn eine Person unmittelbar vor der Abschiebung steht und kommt damit zu Ihnen, können Sie denn dann noch etwas machen?
Löw: Manchmal kommt ein Kollege zu mir und hat in seinem Zimmer jemanden sitzen, der beispielsweise am übernächsten Tag abgeschoben werden soll. Dann wird innerhalb von 24 Stunden oder 48 alles ausgeschöpft, was möglich ist. Wir haben es auch schon geschafft, dass wir durch Eilanträge verhindern konnten, dass diese Leute wirklich in den Flieger gesetzt wurden.
Hügel: Für einen Eilantrag habe ich in der Regel keine Woche Zeit. Wenn jemand am Freitag den Brief mit dem Abschiebungsbeschluss bekommt und am Montag zum Anwalt geht, dann bekommt er vielleicht für Freitag einen Termin, und kann man eigentlich nichts mehr erreichen. Denn Eilverfahren laufen nur schriftlich, es nutzt also nichts, wenn der Anwalt dann wild herumtelefoniert.

In welcher Sprache bieten Sie Sprechstunden an?
Löw: Wir haben Dolmetscher, auch in der offenen Sprechstunde. Wenn wir merken, dass wir mit Deutsch oder Englisch nicht weiterkommen, verabreden wir einen neuen Termin mit Dolmetscher. Zu unserem Team gehören Kollegen, die Serbokroatisch, Kurdisch, Russisch, Polnisch, Arabisch oder Französisch abdecken. Manchmal bringen die Leute auch direkt Dolmetscher mit. Oft sind es auch die Kinder, die die besten Sprachkenntnisse haben.
Hügel: Wir dachten zunächst, das sei ein größeres Problem. Als noch nur ein Mitarbeiter in der Beratungsstelle saß, mussten manchmal telefonisch Dolmetscher zugeschaltet werden.

Wie sehen Sie Ihre Arbeit?
Hügel: Wir sind eine Art Anwaltschaft für Flüchtlinge. Wir sind auch dazu da, die Menschen mit den Realitäten zu konfrontieren. Das ist der bittere Teil in der Beratung. Zu sagen, da ist nichts zu machen.

Was ärgert Sie?
Löw: Mich ärgert das häufig geäußerte Vorurteil: „Das sind ja alles Sozialschmarotzer!“ Meine Erfahrung ist: Die Leute sind so froh, wenn sie auf eigenen Beinen stehen. Wenn sie nicht mehr von den Behörden abhängig sind. Sie nehmen meist jede Arbeit an.

Und wie finanzieren Sie sich?
Hügel: Die Arbeit wurde mit Ehrenamtlichen begonnen. Es gab einfach kein Geld dafür. Die erste Stelle gab es 1980, befristet auf zwei Jahre. Die Mitarbeiter erlebten immer wieder Phasen, in denen die Mittel heruntergestuft wurden auf die rein freiwillige Basis. Aktuell gibt es zehn Hauptamtliche, im Durchschnitt vier Praktikanten und 100 Ehrenamtliche, worüber wir uns sehr freuen. Wir haben eine Mischfinanzierung. Wir haben ein bisschen von der Kommune, ein bisschen vom Land, ein bisschen von der Bundesebene und von der Europaebene. Leider sehr wenig Spenden. Von den Mitgliedsbeiträgen können wir noch nicht einmal unser Porto bezahlen.

Wo kommt es zu Konfrontationen?
Hügel: Womit wir uns wenig beliebt machen: Ein Drittel unserer Arbeit ist es, Fehler von Verwaltungen zu korrigieren. Beispiel: Kindergeldkassen, die nicht wissen, dass sich das Gesetz geändert hat. Ausländerbehörden, die sagen, es interessiert uns nicht, was eine Härtefallkommission sagt.
Löw: Das ist eine wichtige Aussage, weil sie auch ein Vorurteil widerlegt: Wir suchen nicht nach Schlupflöchern und sind keine Winkeladvokaten, sondern es passieren tatsächlich gravierende Fehler.

Würden Sie bitte noch Zahlen für Münster nennen?
Löw: Das ist schwierig. Es gibt gut 1.000 Flüchtlinge mit einem prekären Aufenthalt. Gut 300 Personen fallen unter die Altfallreglung. Dann verliert es sich. Für Asylbewerber und Flüchtlinge gibt es in den Statistiken keine Kategorie. Wir schätzen für Münster 5.000 bis 8.000 Menschen mit einem Flüchtlingshintergrund.

Zur Zahl der Flüchtlinge in der Bundesrepublik kann man folgende Zahlen hinzuziehen: 1992 gab es 430.000 Asylantragsteller im Jahr, 2007 waren es 20.000.

Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses ausführliche Gespräch genommen haben.

GGUA-Homepage:
› www.ggua.de

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