Die LWL-Klinik für Psychiatrie als Arbeitgeber
Stellvertretend für viele Krankenschwestern, deren Lebensgeschichte mit Migration verbunden ist, hatte Isabelle die Möglichkeit, mit einer Mitarbeiterin der Klinik ein ausführliches Gespräch zu führen.
Die LWL-Klinik in Münster an der Friedrich-Wilhelm-Weber-Str. 30 besteht aus drei Bereichen. Neben dem Krankenhausbereich für die akute Behandlung psychischer Krankheiten befinden sich auf dem Gelände weitere Gebäude für betreutes Wohnen chronisch psychisch Kranker sowie ein Pflegeheim für ältere Patienten mit psychischen Erkrankungen. Derzeit umfasst der Krankenhausbereich ca. 450 Betten, der Wohnverbund ca. 120 Plätze und das Pflegeheim 80 Plätze.
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Vom Kloster zur Klinik — Ein kurzer Blick in die Geschichte
1856 erwarben einige Schwestern der „Gesellschaft des heiligen Herzens Jesu“ im Norden von Münster ein Gut und bauten dort ab 1864 das Kloster Marienthal. Nachdem der Orden 1873 verboten wurde, verließen die Schwestern das Gelände und es ging zunächst in den Besitz des Freiherrn Clemens von Twickel über. 1877 erwarb es dann der Provinzialverband Westfalen, der Vorgänger des heutigen Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL). Schon damals nutzte der Verband das Hauptgebäude des Klosters als „Westfälische Provinzial- und Pflegeanstalt Marienthal“ für psychisch kranke Menschen.
Nach massiven Beschädigungen während des Zweiten Weltkriegs wurde die Anlage nach 1945 wiederaufgebaut und im Laufe des 20. Jahrhunderts modernisiert.
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Pflegekräfte als Importschlager
In deutschen Krankenhäusern wären ohne die zugewanderten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter viele Arbeitsplätze nicht besetzt. Denn gerade der Pflegedienst genießt den Ruf schlechter Arbeitsbedingungen. Viele Deutsche möchten nicht im Schichtdienst und sogar auch noch am Wochenende arbeiten. Für viele Migranten, die frisch nach Deutschland gekommen sind, entsteht so eine berufliche Nische, die ihnen erlaubt, in Deutschland bleiben zu dürfen.
Ein Grund, warum viele ihr Heimatland verlassen, sind finanzielle Probleme. Mit dem Geld, das sie in Deutschland verdienen, können sie ihre Familie zuhause unterstützen. Manchmal reicht sogar ausgebildeten Krankenschwestern, Hebammen und Ärzten in ihren Heimatländern das Gehalt nicht zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Die Industrieländer — allen voran die USA und Großbritannien, aber auch Deutschland — nutzen im Gegenzug diese Situation, um ihren Bedarf zu decken. So finden sich auch an der münsterschen LWL-Klinik viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von den Philippinen und aus anderen östlichen Ländern. Doch das ist nur einer von vielen Gründen in Deutschland zu arbeiten.
Vor dem Krieg geflüchtet
Eine der Krankenschwestern, die 1988 nach Deutschland kam, war bereit im Rahmen unseres Projekts über ihr Leben zu berichten. Sie bat allerdings darum, anonym zu bleiben. „Ich möchte nicht, dass die Patienten zuviel über mich erfahren“, sagt sie. Der Grund, ihre Heimat, den Iran, zu verlassen, war die brisante politische Situation.
„Es war die Hölle“, sagt sie. Im Jahr 1988 endete nach acht Jahren der erste Golfkrieg, ein Grenzkrieg zwischen dem Irak und dem Iran. Ein Krieg um Religion und Macht, mit hohen menschlichen und wirtschaftlichen Verlusten auf beiden Seiten. Und Frauen hatten es zu der Zeit erst recht nicht einfach. Deshalb flüchtete die damals 39-Jährige mit ihren beiden Söhnen nach Deutschland. Der eine war elf Jahre alt und der andere zweieinhalb.
In Münster angekommen
Zuerst kam sie nach Bonn, wo sie mit ihren zwei Söhnen Asyl beantragte. Ihr Gesuch wurde bewilligt. In der Anfangszeit konzentrierte sie sich darauf, Deutsch zu lernen, bis sie sich dann 1989 bei der münsterschen LWL-Klinik für eine Ausbildung bewarb. Auf die Stelle wurde sie durch zwei Freundinnen, die ebenfalls Krankenschwestern waren, aufmerksam. Im Iran hatte sie nach ihrem Abitur schon eine Ausbildung zur Sekretärin gemacht und dort erst bei einer Import/Export-Firma in Teheran gearbeitet. Später sogar im Ministerium für Wohnungs- und Städtebau.
„Mit viel Glück und Fleiß habe ich es geschafft“, blickt sie heute zurück. Sie sei in Münster herzlich empfangen und gut aufgenommen worden. Doch durch die Flucht konnten ihre Kinder nie die Familie und die Bekannten im Iran kennen lernen. Zurück in den Iran möchte sie nicht. Denn in Münster ist ihr Zuhause, in dem sie schon seit 20 Jahren lebt. Sie schätzt ihre Freunde und auch die Arbeit sehr.
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