Kriegschronik Münster im Ersten Weltkrieg

Startseite Chronik des Ersten Weltkriegs

nach oben

Seiteninhalt

1914 - Propaganda

Zur Geschichte des Ersten Weltkrieges gehört, dass erstmals die öffentliche Meinung und Unterstützung als entscheidende Faktoren für die erfolgreiche Kriegsführung gesehen werden. Der Erste Weltkrieg ist auch eine Propagandaschlacht. Kriegsanleihen müssen gezeichnet, Freiwillige geworben und Feindbilder gefestigt werden - all dies konnte eine wirksame Bildpropaganda unterstützen. Mit Propagandamitteln wie Zeitungsmeldungen oder Plakaten soll die Bevölkerung für den Krieg mobilisiert und zum 'Durchhalten' ermutigt werden. Negativmeldungen dürfen nicht bekannt werden. Zeitungen unterliegen der scharfen Zensur der Militärbefehlshaber. Es gibt ebenso eine Brief- und Telegrammzensur. Das Vereins- und Versammlungswesen unterliegt einschränkenden Auflagen. Im Verlauf des Krieges entwickelt sich eine zunächst verschleierte und dann offene amtliche Propaganda. Das Generalkommando schickt ganze Artikel an die Presse mit der Bitte um Veröffentlichung ohne Angabe der Herkunft. Im Sinne des Gedankens des 'Burgfriedens', also der inneren Einheit, wird jede öffentliche politische Auseinandersetzung unterbunden. Von allen beteiligten Nationen werden erstmals auch moderne Medien wie Film und Fotografie gezielt eingesetzt, um Freund und Feind gleichermaßen zu beeinflussen.

Chronikeintrag vom 8. August 1914

'Lüttich im Sturm genommen! Eine Flutwelle jubelner Freude und größten Stolzes erweckte heute Morgen diese schöne Meldung.

'Erster Sieg!'

'Herrgott im Himmel, dir sei Dank!
Unsere Sache, so rein und blank
Wie die Waffe, die wir führen,
Hat uns geöffnet die feindlichen Türen.

Bang war die Zeit und trübe der Tag,
Schwer die Bedrängnis, die auf uns lag.
Dank euch, ihr wackeren Streiter!
Herrgott im Himmel, hilf ihnen weiter.
Dr. Friedrich Castelle (Münsterischer Anzeiger Nr. 630)'


Die Kriegschronik berichtet von begeisterten Zuschauern der Truppenausmärsche. So ganz aus eigenem Antrieb kommen die Menschen nicht immer. Aufforderungen zum 'herzlichen' Abschied etwa durch den Oberbürgermeister gibt es häufiger. Die Bevölkerung soll ihre Unterstützung dokumentieren.

Chronikeintrag vom 9. August 1914

Foto

vergrößernAufforderung zum Abschiedsgruß für die '22er', 1914

'Gegen 11 Uhr wurde unserer Feldartillerie eine gewaltige Abschiedskundgebung dargebracht. […] Von Blumenregen überschüttet, zog die Artillerie über den Markt durch eine begeisterte Menschenmenge, die mit Händen, Hüten und Tüchern Lebewohl winkte.'


Mit großem Propagandaaufwand etwa durch Plakate (ab 1917 auch mit bildlichen Darstellungen) wird die Bevölkerung aufgefordert, zur Kriegsfinanzierung Kriegsanleihen zu zeichnen. Die Finanzierungstechnik durch neun Kriegsanleihen – halbjährlich, jeweils im März und September – besteht darin, Kredite und andere kurzfristige Finanzmittel des Reiches in langfristige Anleihen umzuwandeln. Sie werden in kleine Anteile gestückelt. Jeder kann sich an der Zeichnung der Anleihen zu beteiligen und damit Kriegsunterstützung leisten. Die Münsteraner beweisen eine außerordentlich hohe Opferbereitschaft.

Chronikeinträge vom 18. und 20. September 1914

Foto

vergrößernPropagandaplakat zur Zeichnung von Kriegsanleihen, 1917/18

'Die Stadtverordneten beschlossen u.a. […] die Aufnahme einer Anleihe von 500.000 Mark behufs Zeichnung der Kriegsanleihe.'

'Das mit Spannung erwartete Ergebnis unserer Kriegsanleihe beträgt nicht weniger als rund 4 ½ Milliarden Mark. Bei der städtischen Sparkasse wurden insgesamt 4.478.300 Mark, im Bezirk der Reichsbankstelle Münster etwa 82.000.000 Mark gezeichnet.'


Die schlechte Versorgungslage begleitet eine regelrechte Ernährungspropaganda. Durchhaltsplakate fordern die Hausfrauen auf, ihren Beitrag zum Kriegserfolg zu leisten. Es werden Flugschriften über Volksernährung verteilt, Vorträge gehalten über sparsame Haushaltsführung und Kriegskochkurse veranstaltet. Parolen wie 'Haltet aus im Sturmgebraus' sorgen für moralischen Druck zum Durchhalten.

Chronikeintrag vom 16. November 1914

Foto

vergrößernDurchhaltsplakat, 1914-1918

'Im Hinblick auf die oft beklagte Tatsache, daß so viele Frauen nicht richtig zu wirtschaften wissen, hat der Zweigverein des Katholischen Frauenbundes neben dem seit Jahren bestehenden Kursus für die feinere Küche einen zweiten für die gewöhnliche Küche (Hausmannskost) begonnen.'



 

Adresse, Anfahrt, Öffnungszeiten


Das Logo des Stadtarchivs

Stadtarchiv Münster
An den Speichern 8
48157 Münster

Tel. 02 51/4 92-47 01
Fax 02 51/4 92-77 27