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Betteln erlaubt
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Von Haus zu Haus
Vor den Kirchen
Betteltechniken
Im christlichen Mittelalter war das Betteln ein allgemein anerkannter und kaum in Frage
gestellter Broterwerb für die Armen. Bettlerinnen und Bettler wurden allgemein toleriert.
Die Armen hatten ein relgiös motiviertes Recht auf Hilfe und die Reichen eine Pflicht zur
Hilfeleistung. Die traditionelle mittelalterliche Almosenvergabe erwartete vom Empfänger
der Almosen als Gegenleistung lediglich die Fürbitte für das Seelenheil des Spenders.
Seit 1500 ging man immer mehr dazu über, unterstützungsbedürftige und nicht
unterstützungsbedürftige Arme zu unterscheiden. Herumziehende Bettlerinnen und
Bettler konnten freilich nicht einfach ignoriert werden. So kam es häufig zu der Praxis, dass
man ihnen eine einmalige Hilfeleistung gab, ein Essen, vielleicht einen kleinen Geldbetrag, eine
Möglichkeit zum Übernachten - aber dann forderte man sie auf, die Stadt wieder zu verlassen.
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Von Haus zu Haus
Grundsätzlich war die allgemein übliche Bettelpraxis in Münster, so wie
in anderen Städten und Gebieten auch, ein Betteln von Haus zu Haus. Die Hausbettler
zogen von Tür zu Tür und baten vor allem bei den wohlhabenden Geistlichen und
Bürgern um Almosen. Neben den Bettlerinnen und Bettlern, die von Haus zu Haus zogen,
gab es auch die sogenannten Straßenbettler, die sich an einem bestimmten Ort aufhielten
und dort um Almosen baten.
Seit 1550 gab es in Münster immer wieder neue Bettelordnungen, die immer eine Bestimmung
über Bettelzeiten enthielten. Das Betteln war nur vor- und nachmittags erlaubt, in der Mittagszeit
und in den Abendstunden aber verboten. Die Bürgerinnen und Bürger sollten ihre Mittags-
und Feierabendruhe haben.
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Vor den Kirchen
Es ist davon auszugehen, dass sich auch in Münster viele Bedürftige vor oder
in den Gotteshäusern niederließen, da sie auf die Spendenbereitschaft christlich motivierter
Mitmenschen hofften. Allerdings finden sich in der münsterschen Überlieferung nur wenige
Hinweise für die besonders in größeren Städten häufig angewandte Praxis,
dass sich die Armen vor den Kirchentüren und in den Kirchen aufhielten, um dort die
Wohlhabenden direkt anzusprechen oder durch das Zurschaustellen von körperlichen
Gebrechen um Almosen zu bitten.
In oder vor der Kirche war die Spendenbereitschaft der Wohlhabenden aus zwei Gründen
besonders groß. Zum einen waren sie hier sehr stark an ihre christliche Pflicht der
Mildtätigkeit erinnert. Zum anderen wussten sie, dass ihnen hier das Fürbittgebet
der Armen sehr sicher war.
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Betteltechniken
Für den Eindruck, den Bettlerinnen und Bettler machten, hatte ihr körperlicher
Zustand eine grundsätzliche Bedeutung. Zu den Techniken des professionellen Bettelns
gehörte daher vor allem, Krankheiten, Gebrechen und körperliche Mängel
wirkungsvoll zur Schau zu stellen. Die Berechtigung zum Betteln beruhte in erster Linie auf
körperlichen Schwächen. Diese in geeigneter Form zu betonen war ein Mittel,
das Betteln als rechtmäßig darzustellen und Mitleid zu erwecken.
Die Abbildung zeigt eine Galerie von Gebrechen, die bei den Menschen, die vorübergingen,
Entsetzen und Mitleid erregt haben dürften. Ein weiterer Bereich der Betteltechniken lag auf
dem Gebiet der künstlerischen Aktivitäten. Die Bettler spielten verschiedene
Musikinstrumente, sangen oder erzählten Geschichten, um Almosen zu bekommen.
Die Grenzen zwischen dem Zurschaustellen und dem Vortäuschen von körperlichen
oder geistigen Schwächen waren fließend. So erklärt sich, dass den
Bettlerinnen und Bettlern häufig mit Betrugsverdacht begegnet wurde. Das Bekanntwerden
betrügerischer Praktiken der falschen Armen, die sich Almosen erschlichen, schwächte
die Bereitschaft zur Mildtätigkeit gegenüber den echten Armen und erschwerte die
Lebensbedingungen dieser Menschen noch zusätzlich.
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