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Stadtarchiv / Stadt Münster
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Seelenheil und Fürsorge

• Die eigene Seele retten
• Tausche Brot gegen Fürbitte
• Verwandte zuerst: Familienstiftungen

Testamentsbestimmung von Aleff Niehues zugunsten der Armen, 1539 [Bildnachweis]
In seinem Testament von 1539 bestimmte der vormalige Ratsherr Aleff Niehues: "Item Ick geve In de armerlude huse bynnen Munster eynen Iden armen eynen halven golt gulden eyns vor all, up dat se myr folgen tor grafft, vigilien unnd myssen." (Ebenso gebe ich in die Häuser der armen Leute in Münster einem jeden Armen einen halben Goldgulden ein- für allemal, auf daß sie mir folgen zum Grab, zur Vigil und Messe.) 1539 gab es acht Armenhäuser in Münster, in denen 140 Personen gelebt haben können. Der Testator mußte also mit der hohen Ausgabe von 70 Goldgulden rechnen, wenn er einen halben Goldgulden pro Person vergab. Darüber hinaus hat er weitere 390 Goldgulden in verschiedenen Bestimmungen den Armen übertragen.
Die einmalige Gabe an die Armen begründete zwar keine Stiftung. Aber das Motiv, das den Stiftungen vieler Jahrhunderte zugrunde liegt, wird deutlich. Stifterinnen und Stifter wollten, daß die Armen für sie beten.
Klicken Sie auf "Die eigene Seele retten", so erfahren Sie mehr über die religiöse Motivation sozialer Stiftungen. Unter "Tausche Brot gegen Fürbitte" wird die sogenannte Gemeine Spende vorgestellt, die alle Armen der Stadt erreichte. Schließlich finden Sie unter "Verwandte zuerst: Familienstiftungen" die Darstellung einer weiteren Form des Versuchs, die erwünschte Unterstützung durch Gebete über Generationen abzusichern.


Die eigene Seele retten

Metta Meinerßhagen gab den Armen zehn Reichstaler, 1587 [Bildnachweis]
"Memoria" heißt Gedenken, Erinnerung. Memorien waren Vergegenwärtigungen von Toten im Gebet, vor allem in der Messe, in der die Toten durch Namensnennung anwesend waren. Stifterinnen und Stifter richteten jährliche Messen ein, die jeweils an ihrem Todestag zu halten waren und in denen die Priester für das Seelenheil der Stifterin oder des Stifters zu beten hatten. Von dieser Praxis abgeleitet, gab es auch Memorienstiftungen zugunsten der Armen, indem Stifterinnen und Stifter einen Kapitalbetrag als Zustiftung in ein Armenhaus gaben. Sie verpflichteten die Verwalter, die Erträge jährlich an ihrem Todestag an die Armen auszugeben, als Mahlzeit oder in Münze. Damit wurden die Armen zum Gebetsgedenken verpflichtet.
Metta Meinerßhagen gab in ihrem Testament von 1587 zehn Reichstaler an das Armenhaus Prussen im Überwasserkirchspiel und verlangte, die jährliche Rente an ihrem Todestag unter den armen Frauen des Hauses zu verteilen.
Die Gebete für die nach der Vorstellung der Zeit im Fegefeuer ausharrenden Seelen der Verstorbenen waren von großer Wichtigkeit, weil man damit die Hoffnung auf eine Verkürzung der Sündenstrafen verband. Die Gebete am Todestag waren besonders bedeutsam und wirkungsvoll, weil man sich vorstellte, daß die noch nicht zur Ruhe bei Gott gelangte Seele dann für kurze Zeit zur Erde zurückkehrte.


Tausche Brot gegen Fürbitte

Kalenderausschnitt mit Eintragung einer Brotspende am 6. Januar, 1520 [Bildnachweis]
"Gemeine Spenden" waren Brotverteilungen an alle Armen der Stadt oder eines Kirchspiels. Nur die wenigsten Testatorinnen und Testatoren waren wohlhabend genug, eine jährliche Gemeine Spende zu stiften, die nach Möglichkeit am jährlichen Todestag auszugeben waren, an dem der Stifter sich viele Gebete für sein Seelenheil wünschte. Häufiger waren deshalb einmalige Gemeine Spenden, die vor oder unmittelbar nach dem Begräbnis auszugeben waren. Stets waren alle Empfängerinnen und Empfänger zum Fürbittgebet für die Seele des verstorbenen Stifters verpflichtet.
Die meisten Stifter der in Münster im 16. Jahrhundert etwa 20 jährlich ausgegebenen Gemeinen Spenden waren wohlhabende Domherren. Die von ihnen eingesetzten Gemeinen Spenden lassen sich über viele Generationen verfolgen, auch wenn in manchen Fällen der Stiftername verlorengegangen ist.
In einem Meßbuch des Bistums Münster von 1520 sind die damals gültigen regelmäßigen Termine Gemeiner Spenden des Domes eingetragen. Beim 6. Januar steht: "Co[mmun]is elemosina dabitur." (Es wird ein Gemeines Almosen gegeben.) Wüßte man, welcher Domherr an einem 6. Januar gestorben ist, könnte man möglicherweise den Stifter identifizieren.



Verwandte zuerst: Familienstiftungen

Die Familie des Malers Herman tom Rinck, 1548 [Bildnachweis]
Die Stiftungszwecke der Unterstützung Familienangehöriger und anderer Bedürftiger lassen sich vereinbaren. Es ist in der Stadtgeschichte nicht selten, daß eine Stiftung zuerst die Verwandten des Stifters bedenken und dann den Armen der Stadt zugute kommen sollte. Was hat Stifterinnen und Stifter dazu bewogen, Nachkommen der eigenen Familie, die sie doch nicht mehr kannten, zu bevorzugen?
Ein wichtiger Grund ist sicherlich gewesen, daß man wünschte, sich auf die erwartete Gegenleistung der Fürbittgebete verlassen zu können. In früheren Jahrhunderten waren die familiären Bindungen stärker als heute, und die toten Ahnen blieben zugehörig. Ihre Seelen hielten sich, nach den religiösen Vorstellungen der Zeit, im Fegefeuer auf. Diesen mit Gebeten beizustehen, war für die Nachfahren eine allgemeingültige Verpflichtung, die aufgrund der Dankbarkeit wegen empfangener Unterstützungsleistungen umso bereitwilliger erfüllt worden sein mag.
Die bekannteste Familien- und Sozialstiftung in Münster ist die Stiftung des fürstbischöflichen Beamten Dr. jur. Friedrich Christian Siverdes von 1768. Unverheirat und kinderlos scheint es dem Hofkammerrat Siverdes besonders wichtig gewesen zu sein, die Kinder und Kindeskinder seiner sieben Geschwister und anderer Verwandter "usque ad tertium gradum inclusive" (bis zum dritten Verwandtschaftsgrad) zu fördern und sich ihrer Bindung an ihn zu vergewissern.

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