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Stiftungen haben Tradition
Beherbergen
Trösten, Pflegen, Heilen
Aus Kindern werden Leute
Viel Geld: Kapitalstiftungen
Frühe Neuzeit: 1553-1632
In die Moderne: 1688-1768
Zum Stiften anstiften: 1851-1989
 
Stadtarchiv / Stadt Münster
Armut Vom Stiften Offene Armenfürsorge Leben in Armenhäusern Orte der Wohltätigkeit
Zum Stiften anstiften: 1851-1989

• Klemens Siemers 1851
• Karl und Josefa Windthorst 1897
• Wilhelm Schnepper 1920
• Bernhard Kajüter 1976
• Franz Bröcker 1989

Münsters Gesundheitshaus, errichtet 1999 [Bildnachweis]
Sich einsetzen für gesunde Lebensbedingungen für alle Menschen in unserer Stadt. Nach wie vor gibt es für das Stiften gute Gründe. Zum Beispiel die Unterstützung eines kommunalen Projekts...
Seit dem 19. Jahrhundert bis heute haben sich die staatliche und kirchliche Fürsorge immer weiter entwickelt. Doch dessen ungeachtet ist die Bereitschaft, freiwillig einen Teil des eigenen Vermögens dem Gemeinwohl zur Verfügung zu stellen, bis in unsere Tage ungebrochen. So haben dank der Initiative privater Stifterinnen und Stifter auch in Münster die bestehenden kommunalen und kirchlichen Institutionen der Fürsorge immer wieder eine ergänzende Unterstützung erhalten.
Einige Wohltäter betrauten einen bestimmten karitativen Verein mit der Durchführung des Stifterwillens. So bestimmte zum Beispiel der Gymnasialoberlehrer Klemens Siemers 1851, dass ein Teil seines Vermögens dem katholischen Vincentius-Verein zur Erziehung "verwahrloster Kinder" zugute kommen sollte. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Josefa stiftete der Bürgermeister Karl Windthorst der Armenkommission Geld aus seinem Privatvermögen für wohltätige Zwecke. Der Kaufmann Wilhelm Schnepper errichtete 1920 unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges eine Stiftung für "Kriegerwaisen".
Beispiele aus der jüngsten Stiftungsgeschichte sind die Herbert-Kajüter-Stiftung 1976 und das Testament von Franz Bröcker (1989), das zur Gründung der Franz-Bröcker-Stiftung im Jahre 1998 führte.
Die Sorge um Alter und Krankheit bestimmt auch im Übergang zum neuen Jahrhundert den Alltag der Menschen. Der Überblick der Stiftungsverwaltung über die aktuellen privaten Initiativen zeigt: Stiften in Münster ist eine Tradition mit Zukunft.


Klemens Siemers 1851

Die Stiftung Siemers war um 1900 Teil der Stiftung Studien-Stipendien [Bildnachweis]
1899 beschloss die Armenkommission der Stadt Münster, das Vermögen der Stiftung Siemers aus dem allgemeinen "Topf" des Generalarmenfonds herauszunehmen und in einem gesonderten Studien-Stipendien-Fonds für katholische Studierende zu verwalten. Mit in diesen neugeschaffenenen "Topf" gelangten auch Erträge älterer Stiftungen wie Bleiken-Zurlinden, Pagenstecher und Zumsande.
Der katholische Geistliche und Gymnasialoberlehrer Klemens Siemers setzte in seinem Testament vom 25. Mai 1851 "die Armen hiesiger Stadt" als Universalerben seines Vermögens ein. Die Verwaltung desselben übertrug er der städtischen Armenkommission.
Als Pädagoge wusste er durch die tägliche Begegnung mit jungen Menschen, dass nicht alle Eltern in Münster aus eigener Kraft die Mittel für eine angemessene Ausbildung ihrer Sprösslinge aufbringen konnten. Daher äußerte er seinen letzten Willen sehr konkret:
"Indeß ist es mein besonderer Wunsch, daß auf verwahrloste Kinder dieser Stadt, für deren Erziehung der Vincentius-Verein Sorge trägt, oder auch auf dürftige katholische Studirende, welche fleißig sind und religiös und sittlich leben, bei der Verwendung vorzugsweise Bedacht genommen werde." Der Umsetzung dieses persönlichen Anliegens stand auch nach der Vereinigung der Siemersschen Stiftung mit Zuwendungen ähnlicher Art nichts im Wege. Aber in der Inflation von 1922/23 ging das Siemerssche Stiftungsvermögen verloren.


Karl und Josefa Windthorst 1897

Oberbürgermeister Karl Windthorst [Bildnachweis]
Der Jurist Karl Windthorst (1836-1900) war von 1887 bis 1897 Oberbürgermeister in Münster. Er übte zudem auch Ämter innerhalb der städtischen Fürsorge aus: Windthorst war unter anderem Vorsitzender der Armenkommission und Mitglied des Vinzenzvereins.
In ihrem gemeinsamen Testament vom 20. Januar 1897 bestimmten die angesehenen und bekannten münsterschen Eheleute Karl Windthorst und Josefa geb. Coppenrath:
"Der hiesigen städtischen Armenkommission vermachen wir ein Kapital von 25.000,- RM zu beliebiger Verwendung für wohltätige Zwecke, jedoch mit dem Wunsche, aus Zinsen tunlichst Zuwendungen über die gesetzliche Armenpflicht hinaus zu machen und unter der Bedingung, dass die Armenkommission sich verpflichtet, die dauernde Unterhaltung und Pflege unserer Grabstätten zu übernehmen."
Die "Karl und Josefa Windthorst Stiftung" diente also ausdrücklich als Ergänzung der staatlichen Fürsorge. Eine genaue Zuteilung wird in die Hände der Armenkommission gelegt. Diese hat sich Ende des 19. Jahrhunderts endgültig als die lokale Institution etabliert, welche den Willen der privaten Stifterinnen und Stifter mit den amtlichen Zuteilungen koordiniert. An der Schwelle zum 20. Jahrhundert ließen sich Karl und Josefa Windthorst nicht mehr durch die mittelalterliche Sorge um das eigene Seelenheil zum Stiften anregen. Ihr Handeln entsprang eher einem modernen Verantwortungsbewusstsein und einem Gemeinsinn für "ihre" Stadt Münster.
Diese hat sie nicht vergessen: An Karl Windthorst erinnert noch heute die nach ihm benannte Straße, die vom Bahnhof ins Zentrum führt.


Wilhelm Schnepper 1920

Kriegsmilchküche am Neutor, 1918 [Bildnachweis]
Im Verlauf des Ersten Weltkrieges wurde die Versorgung der Zivilbevölkerung rasch zu einem ernsten Problem. Besonders für kleine Kinder fehlte es an Milch. Die Einrichtung sogenannter "Kriegsmilchküchen" trug unmittelbar zur Linderung bei. Viele "Kriegerkinder" aber waren auf eine dauerhafte Versorgung angewiesen.
Begeistert waren auch in Münster 1914 viele Männer freiwillig in den Krieg gezogen. Nicht alle kehrten jedoch nach über vier Jahren Kriegszeit wohlbehalten in ihre Familien zurück: Viele Frauen und Kinder warteten vergeblich auf ihren Ehemann und Vater und standen vor einer ungewissen Zukunft.
Die wirtschaftliche und soziale Not seiner Mitbürger lindern zu helfen, war das Anliegen des münsterschen Kaufmanns Wilhelm Schnepper. Er wusste seine eigenen Angehörigen zwar versorgt, kannte aber das persönliche Leid eines Hinterbliebenen: Beide Söhne waren gefallen.
Am 27. Mai 1920 legte Wilhelm Schnepper vertraglich fest, dass die Zinsen aus dem Stiftungskapital von 30.000 Mark "zur Unterstützung von Kriegerwaisen und sonstigen Familien, die durch den Verlust ihrer Ernährer in Not geraten sind", verwendet werden sollen. Falls dieser Stiftungszweck später wegfallen sollte, war das Geld für "Waisenhauszwecke ohne Unterschied der Konfession" zur Verfügung stellen.
Über die Zuteilung wachte ein Kuratorium, das sich aus Mitgliedern des Magistrats und der städtischen Armenkommission zusammensetzte. Es stand in Verbindung mit der örtlichen sogenannten Kriegshinterbliebenen-Fürsorgestelle und verwaltete das private Vermögen des Stifters in Ergänzung zur amtlichen öffentlichen Fürsorge.


Bernhard Kajüter 1976

Urkunde über die Rechtsfähigkeit der Herbert-Kajüter-Stiftung [Bildnachweis]
Der Arzt Dr. Bernhard Kajüter aus Münster bestimmte in seinem Testament vom 12. Oktober 1952, dass nach dem Tode seiner Frau Angelica geb. Hunger sein Vermögen in einer Stiftung gesammelt und guten Zwecken zur Verfügung stehen sollte. Zum Gedenken an den im Zweiten Weltkrieg gefallenen Sohn trägt sie den Namen Herbert-Kajüter-Stiftung.
Am 4. Oktober 1976 wurde der Stiftung Rechtsfähigkeit verliehen. Seitdem unterstützt sie in Ergänzung zur kommunalen Fürsorge bedürftige Menschen in Münster.
Darüber hinaus ist sie an der Errichtung und Unterhaltung von Altersheimen, Pflegeheimen und Kindergärten beteiligt.


Franz Bröcker 1989

Franz Bröckers Testament vom 8. Mai 1989 [Bildnachweis]
Ein Beispiel für die Stiftungsmotivation unserer Tage ist die Initiative von Franz Bröcker.
Mit seinem Testament vom 8. Mai 1989 setzte Franz Bröcker die Stadt Münster zur Universalerbin ein und erteilte den Auftrag, eine Stiftung zu unmittelbar gemeinnützigen Zwecken zu errichten. Der erste Satz lautet: "Mein Testament: Hiermit vermache ich mein ganzes Vermögen als Franz Bröcker-Stiftung der Stadt, 4400 Münster Westfalen."
In einer Zusatzerklärung vom 10. April 1994 bestimmte Franz Bröcker drei alternative Nutzungsmöglichkeiten für sein Gebäude an der Stolbergstraße 2a in Münster: Die Umwandlung in ein Bürohaus für die Stadt Münster oder ein Altenheim oder ein Heim für behinderte Kinder.
Dem Willen des Stifters entsprechend errichtete die Stadt Münster aus dem ererbten Vermögen eine selbständige, rechtsfähige Stiftung des Bürgerlichen Rechts. Die Satzung vom 23. Dezember 1997 bestimmt als Zweck die Förderung der Altenhilfe und des öffentlichen Gesundheitswesens. In diesem Sinne hat die Stadt zur Realisierung gesundheitlicher Dienstleistungen auch das Haus Franz Bröcker von der Stiftung angemietet.


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