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Stadtarchiv / Stadt Münster
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Die Armenkommission

• Anfänge
• Veränderungen
• Armenvorstände
• Prüfung der Bedürftigkeit

Friedrich Ribbentrop, preußischer Kriegs- und Domänenrat, um 1815 [Bildnachweis]
Die politischen Veränderungen in Europa führten in Münster nach 1800 auch zu einer Neuordnung des städtischen Fürsorgesystems. Münster wurde 1802 preußisch, 1806 französisch und 1815 wieder - und diesmal auf Dauer - preußisch. Im November 1804 wurde nach dem Vorbild anderer preußischer Städte auch in Münster eine örtliche Armenkommission zur zentralen Verwaltung der Armenfürsorge ins Leben gerufen.
Diese Armenkommission veränderte sich in den Jahren bis zum Ersten Weltkrieg immer wieder - hinsichtlich der Anzahl der Mitglieder, der Verteilung der Aufgaben und der Verwendung der Finanzmittel. Dass Zuwendungen an die Armen der Stadt Münster aufgrund der schlechten Versorgungslage notwendig waren, verdeutlicht ein Zitat des Kriegs- und Domänenrates Friedrich Ribbentrop aus dem Jahre 1804: "Wie erstaunte ich, als bey der noch nicht vollendeten Aufnahme der Armen in Martini-Layschaft wirklich ganze Familein, durch den Mangel an Betten, Kleidungsstücken, Nahrung, Wärme und Almosen veranlaßt, die Barmherzigkeit der Einwohner bezweifelten; der Jammer und die Noth der Menschen ist schrecklich, allein wer hat je die wahre Armuth aufgesucht, da die Bettler alle Gegenden der Stadt ausfüllen, und auf dieses das Augenmerk der Bewohner ständig hingezogen wird."


Anfänge

Ferdinand August Graf Spiegel, erster Präsident der Armenkommission [Bildnachweis]
Ferdinand August Graf Spiegel amtierte von 1818 bis 1825 als erster Präsident der neukonstituierten Armenkommission.
Der preußische Kriegs- und Domänenrat Friedrich Ribbentrop hatte die erste Armenkommission am 10. November 1804 eingesetzt. Diese hatte ihre Arbeit sofort aufgenommen. Erste Beschlüsse betrafen die Dezentralisierung der öffentlichen Austeilung der Almosen und die Aufteilung der Stadt in zwölf Armenbezirke. Die Zahl der Bezirke erhöhte sich in den nächsten Jahrzehnten immer mehr. Im Jahr 1842 gab es 29 und im Jahr 1883 schließlich 66 Armenbezirke.
Nach 1815 kam es zur Konstituierung einer zweiten Armenkommission mit zehn Mitgliedern. Sie arbeitete bis 1817 und wurde dann aufgrund von Verwaltungsveränderungen der preußischen Provinzialbehörden aufgelöst.
Die dritte Armenkommission unter dem Vorsitz von Ferdinand August Graf von Spiegel hatte länger Bestand.


Veränderungen

Sitzung des Magistrats 1911 [Bildnachweis]
Die städtische Armenfürsorge in Münster geriet um 1870 aufgrund einer Überforderung der Finanzen in eine Krise. Das zuvor selbständige Gremium der Armenkommission wurde mehr und mehr mit dem Magistrat verbunden. 1871 waren vier Magistratsmitglieder gleichzeitig ständige Mitglieder der Kommission (1914 sieben).
Durch den Anschluss der Fürsorgeverwaltung an die Stadtverwaltung geriet die Armenkommission allmählich ganz unter den Einfluss des Magistrats.
Die anhaltenden Finanzierungsprobleme im Fürsorgewesen lösten sich erst mit der Einführung des sogenannten Elberfelder Systems (1. September 1894), das das Zusammenwirken der älteren städtischen und privaten Stiftungen mit neuen bürgerschaftlichen Initiativen, vor allem den karitativen Vereinen, vorsah. Die Vereinheitlichung der Armenfürsorge war die bezweckte Folge. Mit der Einführung des Kriegswohlfahrtsausschusses (Jahreswende 1914/1915) kurz nach Beginn des Ersten Weltkriegs wurde die Armenkommission noch weiter aus der Verantwortung für die städtische Sozialpolitik herausgedrängt.


Armenvorstände

Unterschrift eines Armenvorstands unter einem Gutachten, 1890 [Bildnachweis]
Der Armenvorstand Bernard Mersmann unterschrieb am 9. März 1890 ein Gutachten über die Bedürftigkeit einer armen Familie.
Die Bedürftigkeitsprüfungen der Armen und die Austeilungen der Almosen wurden von Bürgern übernommen, die nicht die geringste Entschädigung dafür erhielten. 1805 amtierte in jedem der zwölf Armenbezirke nur ein einziger Pfleger, der damit gleichzeitig der Vorsteher des Bezirks war (Armenvorstand). Eine wichtige Aufgabe der ersten Armenvorstände (seit 1805) war die Durchführung der Donnerstagskollekte.
Die Zahl der Armenpfleger erhöhte sich im Laufe der Jahre ständig. 1894 gab es 583 Armenpfleger. Längst wirkten in jedem Bezirk mehrere Armenpfleger. Es war nicht immer leicht, eine ausreichende Zahl von Bürgern für die ehrenamtliche, belastende Aufgabe als Armenpfleger zu gewinnen.


Prüfung der Bedürftigkeit

Gutachten über die Bedürftigkeit einer armen Familie, 1890 [Bildnachweis]
Der Armenvorstand Bernard Mersmann empfahl in dem abgebildeten Gutachten vom 9. März 1890, "das geistesschwache Kind" einer armen Familie in einer "Irrenanstalt" unterzubringen.
Die Armenvorstände hatten die persönliche Notlage der Antragssteller durch eine Untersuchung der häuslichen Verhältnisse umfassend zu ermitteln. Stellten die Armenvorstände Betteln, Branntweingenuss, Vagabundieren, Faulheit oder schlechte Erziehung der Kinder fest, war das Unterstützungsgesuch abzulehnen.
Die Armenvorstände konnten ohne Einschaltung der Armenkommission darüber befinden, ob eine fortlaufende oder eine vorübergehende Unterstützung, die in der Regel drei Monate galt, gezahlt werden sollte. Die Unterstützung (Schulgeld, Brennmaterial, Nahrungsmittel) erfolgte ausschließlich durch die Armenvorstände. Geldbeträge wurden nur in kleinen Raten ausgezahlt.


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