|
|
Titel der Gründungsurkunde des Waisenhauses, 1592
[Bildnachweis] |
Keine Stadt wird elternlose Kinder sich selbst überlassen haben,
auch wenn es kein Waisenhaus gab. Verwandte und Nachbarn haben die
Waisen aufgenommen. Es gehörte auch zu den Aufgaben der
öffentlichen Armenfürsorge, Unterhalt an Pflegeeltern zu zahlen.
Obwohl dieses System der Waisenfürsorge auch in Münster
funktionierte, entschloss sich ein wohlhabendes, aber kinderloses
Ehepaar ohne Leibeserben, die elternlosen Kinder der Stadt zu Erben
einzusetzen. Der langjährige Ratsherr Johann Verendorp und seine
Ehefrau Margareta Plate stifteten in ihrem Testament vom 15. Januar 1592
ein Waisenhaus.
Mit der Begründung, dass es in Münster bereits zahlreiche
geistliche Kollegien, Kanonikate, Klöster, Stifte und Benefizien sowie
Elemosinen, Hospitäler und Armenhäuser gebe, stifteten sie
ein Waisenhaus für zwölf eheliche Bürgerkinder. Als
Grundstockvermögen hinterließen sie 1000 Reichstaler sowie
den Erlös aus dem Verkauf ihrer beweglichen Güter. Sie
gaben in ihrem Testament der Hoffnung Ausdruck, dass weitere
Förderung durch Zustiftungen erfolgen würde. Den Waisen
sollten Tuch, Brot und andere Almosen durch die Almosenprovisoren
gegeben werden, doch sollte ihnen auch erlaubt sein, vormittags zwischen
acht und neun und nachmittags zwischen drei und vier Uhr von Haus zu
Haus zu gehen und um Almosen zu bitten. Im Waisenhaus sollte ein
Ehepaar eingestellt und damit beauftragt werden, die Kinder zu betreuen,
im Lesen und Schreiben zu unterrichten, ihre Kleider zu waschen und
das Haus zu beheizen.
Schon am 20. Juli 1592 hat der Rat die Gründungsurkunde des
Waisenhauses ausgestellt. Die Stiftung Bürgerwaisenhaus besteht
noch heute. Sie ist fördernd in der Jugendhilfe tätig.
|
|