|
 |
Alexander Haindorf und seine beiden Enkelkinder, 1854
[Bildnachweis] |
Jüdische Förderer bemühten sich im überwiegend
katholischen Münster um eine rechtlich anerkannte und im Vergleich
mit christlichen Kindern gleichwertige Ausbildung ihrer Jugend. Der Mediziner,
Schriftsteller und Pädagoge Alexander Haindorf (1784-1862) gründete
zu diesem Zweck 1825 in Münster den "Verein zur Beförderung
von Handwerken unter den Juden und zur Errichtung einer Schulanstalt, worin
arme und verwaisete Kinder unterrichtet und künftige jüdische
Schullehrer gebildet werden sollen". Mit Hilfe einer bedeutenden
Schenkung von Elias Marks (1765-1854), dem Schwiegervater Haindorfs,
ging der Verein 1866 in der sogenannten Marks-Haindorf-Stiftung auf.
Also: Haindorf hatte das Konzept, sein Schwiegervater das Kapital.
Haindorf und Marks verstanden sich als aufgeklärte, vom europäischen
Humanismus durchdrungene, religiös-liberale Juden, die ein wechselseitiges
Miteinander der jüdischen Minderheit mit der christlich geprägten Umwelt
verwirklichen wollten. Mit den verschiedenen Stiftungsabteilungen
(Handwerkerausbildung, Lehrerseminar, Elementarschule) versprachen
sie sich, zur Öffnung der jüdischen Lebenswelt beizutragen,
denn Juden waren seit Jahrhunderten von Landwirtschaft, Handwerk, aber
auch Militär- und Beamtenlaufbahn ausgeschlossen und hatten sich
deswegen vor allem im Handel und im Kreditwesen betätigt.
Mit der jüdischen Handwerksausbildung und der bezweckten
Berufsumschichtung sollte stereotypen Vorurteilen gegenüber
jüdischen "Wucherern" und "Schacherern"
entgegengewirkt werden. Die jüdische Lehrerausbildung sollte der
mangelnden Qualifikation jüdischer Pädagogen Abhilfe schaffen
und zusammen mit der jüdischen Elementarschule in das preußischen
Bildungswesen integriert werden. Dieses sah einen institutionalisierten
Schulbetrieb im Sinne des humanistischen Bildungsideals der allgemeinen
Menschenbildung vor. Alexander Haindorfs pädagogisches Konzept
gilt als für die damalige Zeit fortschrittlich: Die Schülerinnen
und Schüler sollten, ungeachtet ihres sozialen Status, ihres
Geschlechts und ihrer Konfession, gemeinsam unterrichtet werden.
1884 erfolgte die Grundsteinlegung für ein eigenes Unterrichts- und
Internatsgebäude. Das Haus Am Kanonengraben 4 , in der Nähe
der Promenade, steht noch heute. Gleich um die Ecke erinnert die
Marks-Haindorf-Stiege, der Weg zwischen dem Kanonengraben und
der Moltkestraße, an die Gründer.
|
|